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| Herz der Finsternis, Heimathafen |
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Zur Kritik von
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Herz der Finsternis
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Mit dem Boot ins Ungewisse
„Willkommen“ steht in großen Lettern auf der weißen Fabrikwand. Und doch: Ganz ohne Vorbedingungen gilt diese Willkommenskultur nicht. Zunächst haben die Zuschauer sich einer Vermessung und Befragung zu stellen. Das fast durchgehend weiße Publikum wird von schwarzen Migranten durch einen inszenierten Parcour der Bürokratie geschickt. Dann heißt es unter Anleitung aus einer großen weißen Pappe ein Boot zu falten. Nun ist alles bereit für die Expedition ins Ungewisse! „Immer geradeaus!“ geht es mit dem wackeligen Boot hinaus in das „Herz der Finsternis“. Der Erzähler Marlow aus diesem Buch von Joseph Conrad ist in diesem Fall eine freundliche lächelnde junge Frau, die mit Regenschirm als Erkennungszeichen durch den Görli führt und einige Passagen rezitiert. Conrad schildert darin eine Irr-Fahrt durch den Kongo aus der Sicht eines Weißen. Seine Reise auf dem Amazonas soll in Berlin zum Spiegelbild der Fluchtwege der Flüchtlinge werden, die heute nach Europa aufbrechen. Statt des ideellen Papierbootes darf endlich auch ein reales Floß geentert werden und bald tuckert man gemütlich im sanften Licht des Sonnenuntergangs über die Spreearme. Im Gegensatz zu dieser Idylle erzählt ein Flüchtling aus Timbuktu derweil per Tonbandeinspielung von seiner langer, lebensgefährlicher Flucht über Mali, Ägypten, Libyen, Italien und schließlich nach Deutschland. Schade, dass er nicht live dabei ist. Stattdessen tauchen an den Ufern des Landwehrkanals immer wieder stumme Mitglieder des Theaterensembles auf, mal mit hochgehalten Schildern, blankem Oberkörper oder Pferdemasken. Dann legt man an. Wo kann man nur ahnen. Auf still gelegten Schienen geht es in der Düsternis über Schotterpisten in einen Tunnel, der nur von Kerzen erleuchtet ist. Hier versuchen die Migranten mit schwarzen Masken ein Gefühl der Bedrohung zu verbreiten. Eine weiße Frau im dünnen Kleidchen wird von ihnen geraubt und verschleppt. Dann sind die Zuschauer dran. Einer nach dem anderen wird über die rutschige Rampe nach oben gezogen. Oben stehen aufgeschlitzte Container mit früher vielleicht funktionsfähiger Küche und Toilette. Unterschlupf bieten sie keinem mehr. So fordert ein Migrant auf, als er den Zuschauern Papier in die Hand drückt: Bitte faltet mir ein Haus! Alle sind nach der Irrfahrt heil angekommen. Jetzt wartet das Paradies, hoffentlich! Tatsächlich: Ein verwunschener Garten mit heiligen See und betörender Musik empfängt alle Angekommenen. Regisseur Olek Witt wollte die Zuschauer hautnah Erfahrungen machen lassen. Das ist ihm gelungen. Sie wurden ohne Vorwarnung Teilnehmer in einem Rollenspiel, das ins Ungewisse führte. Über drei Stunden später entlässt er sie mitten in einer Industriebrache, kilometerweit entfernt von der Partymeile, von der alle gestartet sind. Die Expedition ist da noch nicht zu Ende. Viele Bilder, Gefühle und Fragen begleiten die Ausgesetzten auf der gemeinsamen Suche der nächsten S-Bahnhaltestelle. So wie der Anfang durch Reduktion und Konzentration auf wenige klare Symbole beeindruckte, so überbordend war die Anregungsflut der Ideen, die später untergebracht werden sollten. Schilder mit plakativen Botschaften, Videoeinspielungen und Maskenspiele bedienten die Klischeebilder, die hinterfragt werden sollten, damit leider auch. Die Überlegenheit der Weißen sollte endlich vorbei sein. Doch der Sieg der schwarzen Darsteller blieb auch hier leider nur eine Behauptung; zu wenig waren sie die Akteure, zu sehr wurden sie zum Instrument der Regie. Birgit Schmalmack vom 2.8.15
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Othello, Theaterdiscounter Sommerfestival 2015, Kampnagel
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