Textversion
Berlin-Herbst-Special 2013
Berlin-Sommer-Special 2013
Berlin-Frühjahr-Special 2013
Berlin-Frühjahr-Special 2012
Berlin-Sommer-Special 2012
Berlin-Herbst-Special 2012
Berlin-Herbst-Special 2011
Allee Theater/Theater für Kinder
Altonaer Theater
Das Schiff
Delphi Showpalast
Die 2te Heimat
Echtzeit Studio
Elfen im Park
Engelsaal
English Theatre
Ernst Deutsch Theater
Fleetstreet
Fliegende Bauten
Fundus Theater
Gilla Cremer Unikate
Grünspan
Hamburger Sprechwerk
Hamburgische Staatsoper/Ballett
Hochschule für Musik und Theater
Kammerspiele, Logensaal
Kampnagel
Kellertheater
Kulturhaus 73
Kulturbühne Bugenhagen
Lichthof
Monsun Theater
MS Bleichen, MS Stubnitz
MUT-Theater
Neue Flora
Opernloft
Operettenhaus
Ohnsorg Theater
Polittbüro
Schauspielhaus
Schauspielstudio Frese
Schmidt Theater
Schmidts Tivoli
Sommertheater St. Georg
St. Pauli Theater
Thalia Theater
Theater N.N.
Theater im Hamburger Hafen
Theater in der Basilika
Theater an der Maschnerstraße
Theater in der Speicherstadt
Theater in der Washingtonallee
Theaterjugend
Theater Zeppelin
University Players
Winterhuder Fährhaus
Theater + Stücke
Stücke A-Z
Morgen spricht von mir...

Morgen spricht von mir die ganze Welt



Der Wahn als Teil der deutschen Seele

Stimmen (Agnes Decker, Robert Arnold, Endre Holeczy, Johannes Karl) flüstern, reden und rufen im Dunkeln von dem Unerhörten, das ein einzelner Mensch 1913 in einem kleinen badenwürttembergischen Dorf angerichtet hat: von einem Amokläufer, der zuerst seine Familie umgebracht hat und dann brandschatzend und mordend durch das Dorf rast. Keiner will etwas bemerkt haben. Ein braver Lehrer, der vier Kinder mit seiner Ehefrau hatte, unbescholten, anerkannt und beliebt. Was treibt so jemanden zu dieser Tat? Für den Pfarrer ist es klar: W. personifiziert das Böse im Menschen, vor dem sich die Gläubigen nur mit einer größeren Hinwendung zu Gott schützen können. Das Gericht gibt sich damit nicht zufrieden. Die blinde Justitia verlässt sich blind taumelnd auf den tiefenpsychologisch versierten Gutachter, der von Schuldkomplexen wegen sexueller Verfehlungen und Verfolgungswahn spricht, und schickt W. lebenslänglich in die Irrenanstalt.
Doch W. ist mehr als ein kleiner Irrer. Er lässt zwischen den drei schrägen Löcherwänden, die nur wenig Durchblick erlauben, tief in die deutsche Seele blicken. Er trifft in seinem Dorf auf eine Atmosphäre, die gerne das Deckmäntelchen der Verschwiegenheit über alles nicht Passende legen möchte. Das führt bei W. dazu, dass er mit seinen Forderungen der Aussortierung viel weiter geht als die Gemeinschaft im Moment noch hören will: Ein Drittel der Menschheit gehört ausgerottet. Lauter überflüssiges Leben. So wird W. zu einem Vorboten der Nazi-Ideologen, die in ihrem Euthanasie-Programmen die Gedanken W.’s konsequent zu Ende brachten. In der fehlenden Auseinandersetzung und Kaschierung dieses Gedankenguts liegt schon eine Vorbereitung seines Nährbodens. Diese spannende Analyse nahm sich das kleine Zimmertheater aus Tübingen mit „Morgen spricht von mir die ganze Welt“ von Axel Krauße und Peter Sindlinger in Zusammenarbeit mit der Tübinger Universität an. Eine anspruchsvolle, fordernde Aufführung, die vor brisanten und aufwühlenden Thesen nicht zurückschreckt.
Birgit Schmalmack vom 30.6.14




 

Morgen spricht von mir die ganze Welt by Gonschior

Gut gegen Nordwind

Druckbare Version