Zuerst tanzt ein einzelner Tänzer in großer Harmonie zu Fackelschein und Opermusik. Dann fährt eine LED-Leuchtwand nach oben und wir sind in der Neuzeit. Was dann beginnt, könnte die Leistungsshow einer auf absolute Perfektion und Leistung getrimmten Gesellschaft sein. Hier stimmt alles bis in die letzte Zehenspitze. Kein Gramm haben die Balletttänzer zu viel, jeder Muskel ist auf totale Effektivität trainiert. Das Miteinander besteht aus dem Ansporn zu noch größeren Leistungen. Stören auch nur kleinste Zwischenmenschlichkeiten werden sie sofort unterbunden. Diese Gesellschaft braucht keine Aufseher mehr. Das übernehmen alles die Mitglieder untereinander. Die Schönheit und Funktionalität der Körper steht über allem, schient diese Show zu sagen. So wie die digitale Leuchtwand immer neue Muster und Bewegungen per Knopfdruck zu erfinden scheint, zu funktionieren diese Menschen auch. Was unterschieden sie dann noch von den Maschinen? Ihr Geist. Doch wie steht der in Verbindung zu ihrem Körper? Danach fragt die Choreographie von Wayne Mcgregror bei all ihrem vermeintlichen Feiern de schönen Oberflächlichkeit. Er bedient einerseits die Vorurteile gegenüber der Sparte des Balletts, indem er sich aller ihrer äußerlichen Vorzüge bedient, um sie dann in akkurater Dekonstruktion zu hinterfragen. Denn all seine Figuren steigen für zehntel Sekunden durch kleine abgehackte und verdrehte Bewegungen aus dem üblichen Bewegungsmuster in ihrer Dauervirtuosität aus und weisen über sich hinaus. Genau diese winzigen Brüche machen diese Leistungsshow interessant. Der Soundtrack von Ben Frost vollzieht diese Brüche wesentlich offensichtlicher. Sein Spagat reicht von Verdi zu Beginn über Wohlfühl-Elektroklänge bis hin zu verstörenden Klanggewittern. Ein Ballett, das eher durch seine absolute Perfektion als seine mitreißende Emotionalität zu beeindrucken verstand. Birgit Schmalmack vom 20.8.