Baden im Gold
Ben Johnson war ein Zeitgenosse Shakespeares, doch seine Stücke erinnern eher an die von Moliere. So hat er sich in „Volpone oder der Fuchs“ den Typus des Gierigen vorgeknöpft und ihn nach allen Regeln der Kunst demontiert. Volpone (Andreas Köhler) verehrt seinen Gott, das Gold. Er berauscht sich an ihm, er vergnügt sich mit ihm. Folgerichtig bewahrt er es in einer goldenen Badewanne auf, um sich bei Wunsch nach Körperkontakt darin zu baden. Er fragt das Publikum: „Was meint ihr, bin ich?“ „Anwalt, Banker“, wird vorgeschlagen. „Ah, das Programmheft nicht gelesen! Ich bin ...reich!“ Geld zieht Geld an, diese Weisheit macht sich Volpone zu nutze. Er kann nur seinen Reichtum mehren, da er die Habgier der anderen allzu gut kennt und mit ihr zu spielen weiß. Sein buckliger Diener Mosca (Roger Jahnke) unterstützt ihn nach Kräften in seinen Ränkespielen, denn sein Wohlergehen ist direkt von dem seines Herrn abhängig. Da marschieren sie nun alle auf, die Habgierigen, an denen sich Volpone zu bereichern weiß: Der glatzköpfige Rechtsverdreher (Tobias Schulze), der schmierige Mafiosi (Torsten Schnier) und der dickbäuchige Alte (Michael Schwager). Volpone verfolgt stets dieselbe Strategie: Allen verspricht er sein Erbe, wenn sie ihm nur zuvor ein wenig finanzielles Entgegenkommen zeigten. Natürlich ist er kerngesund und täuscht seine Krankheiten nur vor. Regisseur Frieder Venus nutzt dieses Stück als Fundgrube für eine Typenzeichnung, die Spaß an der totalen Überzeichnung hat, um alle gnadenlos zu entlarven. Der Alte ist dement, der Richter sturzbetrunken, der Mafiosi eifersüchtig bis aufs Messer, der Jurist bläst sich gerne vor Empörung wie ein Luftballon, Mosca ist ein buckliges Wesen in grünem Ganzkörperanzug mit einer Unterhose darüber. Dezent ist in diesem Stück gar nichts, so braucht seine Botschaft auch keine Übersetzung. Aktualisierungen, die sich angesichts von Finanzkrise, Börsenspekulationen und Immobilienblase anbieten würden, vermeidet Venus. Bei der Sprache der einzelnen Typen erlaubt er sich die Aufpeppung durch ein paar Slangwendungen. Und er baut einen weiteren Typus der Gierigen ein: den Touri, der beim kostenfreien Toilettengang mit vier riesigen Papierrollen wieder zurückkommt. So wurde es wieder ein großer Spaß im Hexenkessel. Birgit Schmalmack vom 21.7.13
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