Minimalismus pur
Die Gruppe Oblivia hat ihre Bühnenmittel gnadenlos zusammengestrichen. Einzig die drei Performer sind auf der Bühne zu sehen. Requisiten und Dekoration gibt es nicht. Selten ist Musik zu hören. Sie tragen in allen drei Szenen die gleichen Nicht-Kostüme – eine wenig kleidsame Version von nachlässig ausgewählter Alltagskleidung. Die Drei setzen ganz auf ihre Präsenz, denn nichts anderes ist bei Ihnen zu sehen. Nur ihre Körper und Stimmen nutzen sie um von ihrer Sichtweise auf bestimmte Teile der Welt zu erzählen. In „Entertainment Island“ berichten sie von Entwicklungen in der Popindustrie, die sie in ihrer Überzeichnung kritisch hinterfragen. „I look good, yeah, I look good!“, tänzeln die Drei selbstbewusst durch den Raum. Siegesgewiss recken sie die Arme in die Luft. „You look good, yeah!“, werden sie von den anderen angespornt. Eine Parodie auf die Casting Shows, die die TV-Kanäle füllen, versuchen die Performer. In ständigen Wiederholungsschleifen wiederholen sie das Mantra der Selbstinszenierungsshows. Mit gedachten Papiermaché-Fantasien entführen die Drei in der zweiten Episode in ihre absurden Soap-Welten. Nur mit Hilfe ihre Worte entspinnen sie actionreiche Geschichten, die sich über die Genres hinweg vom Drama über die Komödie hin zum Horror entwickeln. Zuletzt widmen sie sich den Abgründen der erwachsenen Unterhaltung, dem Voyeurismus in Sado-Maso-Pornos. Sie benutzen die gängigen Klischeebilder und überspitzen sie bis zur Lächerlichkeit. Sie lassen sich gegenseitig fesseln, verletzen, blutig schlagen, aufhängen, herunterstürzen. Mit ihrem unablässigen Lächeln im Gesicht führt das die Absurdität dieser Unterhaltungssparte vor Augen. Wer da noch in den jugendlichen Vergnügungssüchten am PC den Untergang des Abendlandes erkennen mag, hat nicht so genau hingeschaut wie Oblivia. Die finnische Truppe (Annika Tudeer, Anna Krzystek, Timo Frederiksson) kann man sich als Oklahoma Nature Theatre minus die Elemente Musik, Bühnenbild und Kostüme vorstellen. Gemeinsam sind beiden Ensembles die Ausstellung des Alltäglichen, das Stilmittel der Wiederholungsschleifen, die Überspitzung des Mittelmaßes, die Beiläufigkeit ihres Humors und eine akzentuierte Bewegungschoreographie. Oblivia fügt diesem das Plus einer Prise Gesellschaftskritik hinzu. Der versprochene Wodka wird am zweiten Abend auf Kampnagel erst am Schluss gereicht. Eine Verdauungsfördernde Pause hätte der alle Aufmerksamkeit fordernden, anstrengenden und Ablenkungsarmen Performance-Trilogie sicher gut getan. Birgit Schmalmack vom 19.12.13
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