Lust, MUT-Theater
Lust auf eine Karotte?
Was ist Lust? Lust auf Abenteuer, Lust auf Geborgenheit, Lust auf Leidenschaft, Lust auf Schokolade. Auf so vieles kann der Mensch gerade Lust haben. Nicht nur auf das eine, das im "Reigen" von Schnitzler beschrieben wird und natürlich auch in der Neuinszenierung von Veronique Elling den Handlungsstrang vorgibt. Doch sie spannt den Bogen viel weiter. Sie hinterfragt den reinen Lustakt nach seinen tieferen Begleiterscheinungen. Sie arbeitet mit den energiegeladenen Schauspielstudenten der Schule iact die verschiedenen Charaktere sorgsam heraus. Die scheinbar treue Ehefrau, die Prostituierte, das junge Mädchen, der Soldat, das Zimmermädchen, der Ehemann, der Dichter, bis sich der Kreis des Reigens wieder schließt. Jeder hat seine eigenen Beweggründe, um sich Lust zu verschaffen, seine speziellen Sehnsüchte, die er in der kurzen Begegnung mit dem anderen stillen möchte.
Die Schauspieler sitzen im Stuhlkreis und sind stets einsatzbereit, ob für eine Gruppenimpro oder den Einstieg in ihre Figur. Immer wieder steigen sie aus ihrer Rolle aus und springen am Mikro in ihre persönliche Jetztzeit. Dann sitzen sie wieder auf ihrem Platz, nehmen das Kerzenlicht in die Hand und fangen an zu träumen. Was ist die Sehnsucht? Worauf haben sie jetzt gerade Lust? Die Karotte als Requisit spielt dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Mit viel Schwung und Lust an der Improvisation lockt Elling die zahlreichen Talente der jungen Nachwuchsschauspieler heraus. Ein mitreißender Theaterabend ist entstanden, trotz der Gleichförmigkeit der Stückvorlage, die die Regisseurin mit ihrer jungen Truppe durch viele Überraschungsmomenten wohltuend zu unterlaufen versteht.
Birgit Schmalmack vom 30.07.17