Phantom Ghost
Keine Angst, es ist nur ein Geist
Eine Geisterbeschwörung der besonderen Art hat sich Phantom Ghost auf der schwarz-weißen Bühne in der K6 vorgenommen. Ihre Songs erzählen von gefallenen Sternen, unerfüllten Träumen, sich nie treffenden Liebenden, erlebten Misserfolgen und auftauchenden Geistern. Thies Mynther erzeugt am Piano einen schmelzenden Sinfonieklang, der Sänger Dirk von Lowtzow perfekt zur Geltung kommen lässt. Dieser inszeniert jedes Lied wie ein Gedicht. Lasziv, dramatisch, pathetisch – keine emotionale Karte ist für Lowtzow zu groß. Doch er braucht dazu keine großen Gesten, ihm reicht als Überzeugungstäter seine Ernsthaftigkeit. An Mynther ist es, einen Schuss Ironie in die musikalische Show beizumengen. Mit immer neuen – immer schwarzen - Kostümierungen kommt er erst nach einer Umrundung des Sängers an sein Piano.
Entführen wollen sie in einen Raum, der Geistern und Traumfiguren zu Präsenz verhilft. Allerlei Getier bevölkert dazu die Bühne. Quallen, Krabben, Tintenfische werden lebendig und können dank Tucké Royale und Rike Schuberty sprechen. Dozent Eike Wittrock erklärt in seinen Lichtbildervortrag später auch warum: Das sogenannte „Ballet Fantastique“ erfand in seiner Form nicht nur schwebende Tutu-Balletteusen, die auf Spitzen durch den Raum flogen, sondern auch die Fabelwesen, die sie in immer neuen Unterwasseridyllen versetzten. So bekommen die melancholischen Lieder von Phantom Ghost sogar ihren theoretischen Hintergrund geliefert.
Dieser Abend sollte mehr als ein Konzert werden. In der wunderschön rätselhaften Bühne, die mit Andeutungen nicht sparte, entsponnen sich bald viel mögliche Fantasieansätze. Ein Interview mit einer Krabbe, zur Musik schaukelnde Quallen, zwei leicht bekleidete, Champagner trinkende Puppenspielerinnen und die traumhaften, lyrischen Songs von Phantom Ghost erschufen eine Atmosphäre, die verwirrte, irritierte und interessierte. Die genial beiläufig dargebotene Vorlesung ließ den Humor- und Irritationspegel noch weiter nach oben steigen. Leider ohne diesen inszenatorischen Spannungsbogen bis zum Ende des Abends dramatisch weiter zu halten. Denn danach ging er in ein kurzes Konzert von Phantom Ghost über. Die Fans von Tocotronic-Sänger Lowtzow sollten wohl noch vor Ende des Abends auf ihre Kosten kommen. Doch so blieb es leider sowohl für die Musik- wie für die Performanceliebhaber nur bei Appetithappen, die den Hunger nicht ganz stillen konnten.
Birgit Schmalmack vom 19.8.14