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Die Gabe der Kinder



Eating our children



Nebel, Dunkelheit, Stille, Donner, Wasser und Blut. Außerdem Masse und Größe. Mit diesen Elementen arbeitet der Neuseeländer Lemi Ponifasio in "Die Gabe der Kinder". Er will Erschütterung und Kontemplation. Er will damit in die eigene Seele hineinhorchen lassen. Er will auf das Eigene zurückwerfen. Er will dem ganzen Konsum-und Egozirkus etwas entgegensetzen. Das ist ihm gelungen, indem er einen eigenes Event dagegen setzt. Im alten Kakaospeicher des früheren Afrikaterminals nutzt er die riesige Fläche von 900 Quadratmetern für bombastische Bilder mit viel Pathosund emotionaler packender Musik. Dazu nutzt Ponifasio das Werk "Apocalypsis" des zeitgenössischen kanadischen Komponisten R. Murray Schafer. Eigentlich sollte es auch in Hamburg live gesungen werden, doch dafür reichten die Mittel und die Vorbereitungszeit nicht. So kommt vieles auf dem Festival "Theater der Welt" vom Band. Aber die Maori-Gesänge sind live und voller dunkler Geheimnisse, meditativer Stärke und verschlungener schleichender Entwicklung. Ponifasio lässt sich viel Zeit um die Bilder zu aufzubauen, wirken zu lassen und in neue Bewusstseinzustände zu überführen. Er hat dazu einen Bewegungschor aus Jugendlichen der HipHop-Academy, eine Hundertschaft eines Erwachsenen-Chores, der Klänge und Tongebäude beisteuert und sein MAU-Ensemble aus acht Maori-Sängerinnen zur Verfügung. Vor Pathos schreckt er keineswegs zurück und verfehlt seine Wirkung nicht. Als in den dunklen Nebel, vor dem sich die Schattenrissen der Kinder und Chormitglieder abzeichnen, und in ihre beschwörenden Gesänge der Donner von Detonationen einbricht, sind Schauer und Gänsehaut unvermeidlich. Doch die Maori-Sängerinnen sind stärker. Sie bilden einen Kreis und singen gegen den Terror an.
Der Schauer der Endzeitstimmung soll aufrütteln und an die Gewalt, der auch und gerade die Kinder bedroht, gemahnen. Von "der Gabe der Kinder", die doch auch aus Energie, Lebensfreude und Bewegungsdrang besteht, bekamen die Zuschauer allerdings wenig zu spüren. So spielt hier eigentlich die riesige leere Halle die Hauptrolle, in der sich die Wasserschwaden, mit denen die Kinder ihre Zeremonien vollziehen, ungehindert ergießen können und der Ponifasio eindrucksvolle Bilder gelingen.
Birgit Schmalmack vom 29.5.17

Zur Kritik von

Spiegel-online 
NDR