Dance on Ensemble, Kampnagel
Erfahrung und Können zählt!
Von keiner Musik angetrieben oder abgelenkt werden, ganz auf den anderen achten, nur auf ihn hören, seine Bewegungen erahnen, spüren und sich gemeinsam mit ihm weiter entwickeln. Das ist das Konzept der lautlosen und vermeintliche unspektakulärer Choreographie "Catalogue" von William Forsythe, die er gemeinsam mit Brit Rodemund und Christopher Roman entwickelt hat. Es ist ein kleines Kunstwerk geworden, das sich zwischen den beiden entspinnt, voller Spannung, obwohl vordergründig fast nichts geschieht. Fast bewegen sie sich nicht von der Stelle. Aus der großen Erfahrung, Gelassenheit und dem großen Talent dieser gereiften Tänzer - daraus schöpft diese Arbeit.
In "7 Dialogues" arbeitete der Musiker Matteo Fargion mit sieben Künstlern und sieben Tänzern zusammen. Auf Kampnagel waren drei Dialoge zwischen den Künstlern und den Tänzern zu sehen, die kaum unterschiedlicher hätten sein können und die Talente der Tänzer bestens zur Geltung brachten. Im ersten Dialog beschreibt Brit Rothemund, wie sie von tanzenden Bällen, springenden Bodenteilen und Luftpunkten zu Bewegungen animiert und angetrieben wird. Im zweiten Dialog kämpft der Tänzer Amancio Gonzalez scheinbar mit einem Mikro-Ständer, doch in Wirklichkeit mit der Möglichkeit durch Körpersprache seinem Publikum etwas mitzuteilen. In vielen verschiedenen Sprachen und Bewegungsstilen versucht er es und scheitert doch jedes Mal virtuos daran seine Botschaften zu vermitteln.
Im dritten Dialog wird Christopher Roman nur in einer knapper Unterhose, mit blonder Perücke und rot geschminktem Mund auf die Bühne geschickt. Er tänzelt auf Zehenspitzen unsicher in seiner Rolle über die Bühne. Wen stellt er dar, wie wird er wirken, worauf hat er sich hier eingelassen?
"Man Made", die letzte Arbeit des belgischen Choreographen Jan Martens ist ein faszinierendes Stück, das wie in einen Strudel hineinzieht. Zunächst zu völliger Stille vollführen die fünf Tänzer gleich bleibende Bewegungen, die eher an Gymnastikübungen erinnern. Doch allmählich scheinen sie sich zu einer Gruppe zu formen. Sie scheinen die Bewegungen zu atmen. Sie schöpfen ihren Odem aus dem Tanzrhythmus. Sie finden zu gemeinsamen Sequenzen, immer noch ohne jede musikalische Unterstützung. Irgendwann setzt ein dumpfer Beat wie ein Herzschlag ein. Das Licht fokussiert sich und dirigiert die Tänzer. Der Herzrhythmus verändert sich allmählich zu Technobeats und die Tänzer sind in der Musik, bei sich und in der Gruppe angekommen. Sie formieren sich zu einem Fünferteam, vermeiden zwar jede Berührung, scheinen aber dennoch zu Gemeinsamkeiten gefunden zu haben. Sie bleiben in ihrem einzelnen Lichtkegel und sind dennoch ein Tanzkörper geworden. Die Musik und die Bewegungen vereinigt sie.
Birgit Schmalmack vom 15.3.17