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Conversion, Kampnagel

Conversion der Costa Compagnie Foto: Annmone Taschke

Vielstimmige Bilder

Die Rückwand zeigt viele Reihen von Porträts. Scheinbar unbewegte Fotos, doch wenn man genau hinschaut, sieht man kleine Veränderung der Mundwinkel oder eine winzige Augenbewegung. Lauter Interviewpartner aus Afghanistan sind zu sehen. Ihre Aussagen fließen in den Abend der Costa Compagnie "Conversion / Nach Afghanistan“ ein. Als Dezember 2014 der deutsche ISAF-Einsatz in Afghanistan endete, reisten Felix Meyer-Christian, Jascha Viehstädt und Stefan Haehnel nach Kabul, Kundus und Masar-e Scharif und führten per Film dokumentierte Gespräche mit Aktivisten, Bundeswehrsoldaten, NGO's, Fotografen, Wissenschaftlern, Theaterregisseuren und Feministinnen. Überraschend positiv fiel das Urteil der Afghanen über den Einsatz der Deutschen in ihrem Land aus. Selbst der deutsche Luftangriff auf Zivilisten bei Kundus führte zu keinen Klagen, schließlich musste Oberst Klein für sein Verhalten gerade stehen indem er zurücktrat.

Die interviewten Frauen befürworteten den Einsatz der ISAF entschieden; ohne ihn hätte es für sie keinen Fortschritt gegeben. Andere sahen dennoch das Ansinnen, Demokratie nach Afghanistan zu bringen, als völlig illusorisch an. Diese Staatsform würde in keinster Weise zu tradierten Stammeskultur der Afghanen passen. Zu sehr sei dieses Land von den Erfahrungen der abwechselnder Fremdherrschaft durch Besatzer geprägt worden. Erst die Briten, dann die Russen und schließlich die Amerikaner setzen ihre Interessen mit Waffengewalt durch.

Die multiprofessionelle Costa Compagnie nähert sich dem Thema "Afghanistan" auf vielfältige Weise. Sie setzen auf Äußerungen der Menschen vor Ort und geben ihnen eine Stimme durch jeweils einen Vertreter auf der Bühne. Sie erschaffen eine Klanglandschaft aus Tönen des Landes, die sie live auf der Bühne mischen. Sie versuchen die Erlebnisse in Choreographien umzusetzen und sie erfinden ein Bühnenbild, das die Gefühlslagen vor Ort spiegelt. In diesem Fall durch aufblasbare, zig Meter lange Schläuche, die schließlich die ganze Bühne plus Zuschauerraum einnehmen, so wie die ISAF-Truppen sich im Laufe des Einsatzes über das ganze Land ausbreiteten. In zweiten Teil wird ein bühnengroßer Ballon aufgeblasen, in dem die Performer wie in einem großen Meer unterzugehen drohen.

Eine informative und einfühlsame Arbeit, die es schaffte gleichzeitig zu informieren und sich einzufühlen. Er zeigte die Vielfalt der Stimmen Afghanistans, die Klischees aufgriff und aushebelte.

Birgit Schmalmack vom 27.11.16











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