Die Lustige Witwe, Theaterfabrik
Tolle Party
Schon im Foyer geht die Party los. Hier sitzen die Damen und Herren der Gesellschaft am fein gedeckten Tisch und tafeln zu klassischer Musik. Drinnen erstrahlt der Saal im Kronleuchterschein. Auf zahlreichen Laufstegen, die sich im dezenten Betongrau kaum vom Fußboden der Theaterfabrik abheben, dürfen sie sich anschließend in Szene setzen. Hier werden sie alle irgendwann einmal ihren Auftritt zelebrieren und versuchen die anderen für ihre Zwecke zu gebrauchen. Der eigenen Vorteil steht vor dem gemeinschaftlichen Nutzen und das finanzielle Wohlergehen vor Moral und Ehre. Gefühle dienen eher der Manipulation als der Beziehungsstärkung. Ehrlichkeit sucht man hier vergeblich. Show ist alles. Doch die Kostüme entlarven kaum merklich ihre Träger. Den überaus schlanken betont eine Ganzkörperlegging. Die breiten Hüften ein Tütenrock. Die, die gerne ihre Beine zeigen möchte, kommt in Pluder-Hot-Pants daher, die eher an Windelhöschen erinnern. Die ehrbare Frau trägt Engelsflügel über dem Korsett. Der Lover, der gerne härter scheinen möchte, als er ist, trägt mit dicker Felljacke auf. Und der Verliebte hat gar eine Schleife im lockigen langen Blondhaar. So spielen sie ihre Ränke- und Liebesspiele miteinander, denn all das Nichtstun will finanziert werden, nur ja nicht mit ihrer Hände Arbeit.
Diesem Beziehungs-Monopoly gibt Franz Lehar in seiner nur scheinbar leichten Operette eine musikalische Umsetzung, die ebenso wie Hanna die Zuschauer und -hörer verführt. Sie verfolgen in der Sommerinszenierung der Hochschule für Musik und Theater von Philipp Himmelmann mit großem Vergnügen das muntere Treiben. Auf den zwei Zuschauerrtribünen an zwei Seiten der Bühne sind sie stets dicht dran. Mit sanfter Ironie werden die Charaktere beleuchtet, die da umeinander buhlen, doch nie werden sie in ihrer Glaubwürdigkeit in Frage gestellt. Stets werden sie als Produkt ihrer Gesellschaft gesehen. Das liegt auch an der hervorragenden Besetzung der Hauptrollen. Alle vier sind stimmgewaltig und darstellerisch überzeugend. Hanna (Marina Ber), die unnahbare Verführerin in engem knallrotem Overall mit Panzerhalsschmuck, Danilo, der Mann, der ihre Zurückweisung so fürchtet, dass er ihr den Krieg ansagt, Camille (Timo Rössner), der sanft und beharrlich Liebende und Valencienne (Ying Ma), die Verheiratete, die so gerne auf seine Angebote eingehen würde und dennoch eine ehrbare Frau bleiben muss.
Ein wunderbare Einweihung der Theaterfabrik als momentaner Spielort für die Hochschule für Musik und Theater.
Birgit Schmalmack vom 31.5.15