Wer nicht arbeitet soll nicht essen
Arbeiten heute
„Schneller, schneller, freundlich bleiben!“ „Wollen sie den Job wirklich?“ „Ich seh’s noch nicht, Sie hier und dort die Druckventile?“
Die Rollen sind klar verteilt. Die Frau braucht einen festen Job und sie steht vor einem Mann, der über ihre Einstellung zu entscheiden hat. Sie versucht sich möglichst positiv darzustellen und er darf abwägen, ob es nicht noch einen besseren Kandidaten geben könnte. Sie ist schick, adrett, charmant, erotisch, servil und er ist der Entscheider. Auf der Leinwand zeigt sich die schöne flexible Arbeitswelt nur vordergründig von ihrer schönsten Seite. Voller Einsatz wird selten mit entsprechenden Leistungen des Arbeitgebers belohnt.
Die Filme bleiben stumm. Die Texte werden von anderen gesprochen. Denn die Personen sind austauschbar. Den Ton dazu liefern die beiden Filmdarsteller auf der Bühne als Live-Synchronsprecher just in time. Für den Soundtrack sorgen sie auch: Die vorgetragenen Folk- und Popsongs wie „Man are made of muscle and blood“ oder „Brigde over troubled water“ erzählen von dem Mythos einer guten alten Zeit. Mit Gitarre, Schlagwerk und viel Körpereinsatz werden melancholische Stimmungen zwischen den Filmen erzeugt, die von Ehrlichkeit und Mitmenschlichkeit träumen lassen.
Doch damit nicht genug: Die Beiden spielen in der dritten Ebene dieses vielschichtigen Abends auch noch zwei Musiker, die in einer Off-Theater-Produktion mitspielen und sich mit ihrer prekären Einkommenssituation arrangieren müssen; ohne zusätzliche Job geht gar nichts. Doch auch hier lässt nur die Frau hinter ihre Fassade blicken, während der Mann den Coolen spielt. Sie zerreibt sich zwischen den Resten ihrer Familie und er plädiert für einen konzentrierten Arbeitseinsatz.
Die beiden Performer Katharina Meves und Johannes Öllinger sind Allroundtalente. Schauspielerisch springen sie von einer Rolle in die nächste, sängerisch geben sie den Liedern immer wieder neue Timbres und choreographisch erfinden sie zu jeder Person eine neue Körpersprache. Zusammen mit der überaus beredten Auswahl der Drehorte zwischen Parkhaus, City Nord und Lüneburger Heide ist Andreas Bode eine beeindruckende, atmosphärisch dichte und hintersinnige Inszenierung über die Scheinwelt der heutigen Arbeitswelt gelungen, in der er eine innovative Verbindung zwischen Film, Schauspiel und Musik wagt.
Birgit Schmalmack vom 16.9.14