Was ihr wollt, Wiener Burgtheater

Was ihr wollt, Wiener Burgtheater by Reinhard Werner


Alles drin

Oberflächlich, hintersinnig, poetisch und etwas bitter. So beschreibt einer der Teilnehmer des Schauspiels das Geschehen auf der Bühne. Überaus witzig und zum Teil klamaukig könnte man noch hinzufügen. Regisseur Matthias Hartmann hat mit seiner exzellenten Schauspielertruppe vom Wiener Burgtheater keine Gelegenheit in „Was ihr wollt“ zur Steigerung der Lacherquote ausgelassen. Derbste Verkleidungen, Slapstickeinlagen, Stolperaktionen, Jahrmarktgegröle und vieles mehr reicherte den Shakespearetext auf diese Weise an. Doch in den dreieinhalb Stunden der Aufführung in der Staatsoper brachte Hartmann zum Glück auch alle anderen Anteile der Komödie zur Geltung. Die beiden liebenden Frauen des Stücks Olivia (Dörte Lyssewski) und Viola (Katharina Lorenz) dürfen ganz bei der Ernsthaftigkeit ihres Gefühls bleiben. Letztere überzeugt trotz (oder besser wegen) fehlender Verkleidung als weiblicher Zwilling, der einen Mann geben muss. Der Popbarde Karsten Riedel singt auf der Bühne dazu wunderschön melancholische Lovesongs. Selbst die Kalauer behafteten Figuren wie der ständig betrunkene Sir Toby (Nicolas Ofczarek) und der arme Ritter Sir Andrews (hier in seinem Element: Michael Maertens) zeigen auch ihre abgründigen Seiten. Der liebende Mann Orsino (Fabian Krüger) kann es im Gegensatz zu seinen weiblichen Gegenparts nicht ganz lassen, bei dem Spielspaß seiner Kollegen trotz Liebesschmerz ein wenig mitzutun. Joachim Meyerhoff brilliert als Spießer-Malvolio ebenso wie als gelbbestrumpfter Möchtegern-Liebhaber. Sven-Eric Bechthoff ist ein intelligenter Narr, der mit seiner Soundmaschine bei entsprechendem Geldeinwurf für hintergründige Unterhaltung sorgt. Als er zu seinem Schlusssong anstimmt, brandet schon der Schlussapplaus in der Staatsoper auf. Doch das Publikum hat nicht mit Malvolio gerechnet. Er will noch seinen Auftritt als Mann der Rache haben: Alle Lacher und Zuschauer seiner Erniedrigung werden sich jetzt in Acht nehmen müssen. Das Publikum wird reihenweise abgezählt. Es sei dran. Alles würde ganz nach oben gemeldet.
Für eine Shakespearekomödie fand Regisseur Hartmann eine adäquate Umsetzung. Wie der Autor weiß der Regisseur geschickt die Balance zwischen Unterhaltung und Ernst zu halten. Das Publikum war begeistert. So viel durfte wohl selten in der Oper gelacht werden.
Birgit Schmalmack vom 9.10.12