Wild Thing/ Insich


Leider verpasst!

Zufit Simon war in Hamburg, aber die Hamburger waren leider woanders. So haben sie eine Choreographin und Tänzerin von außergewöhnlichem Format verpasst. Sie hat im Hamburger Sprechwerk zwei ihrer neueren Stücke vorgeführt:
"Wild Thing" spielt in einer scheinbaren Endlosschleife den berühmten Song von Jimmi Hendrix. Zufit Simon erscheint in High Heels und Latexhose. Zunächst folgt sie der Zuschreibung des Liedes und bedient die männlichen Klischees. Ihre Wildheit ist aber so gezähmt, dass in ihrer Erotik schon die Andeutung einer hinterfragenden Ironie liegt. Je öfter der Song wiederholt wird, desto mehr erobert sie die Deutungshoheit über sich zurück. Immer mehr ist sie nun diejenige, die die Musik verändert. Sie legt sich auf die Lautsprecher und bestimmt so mit ihrem Körper die Laute, die ihm entweichen dürfen. Es entsteht eine intelligente Studie über den Zusammenhang zwischen Musik, Körper, Zuschreibung und Beeinflussung.
Ganz anders ist die zweite Arbeit "insich" von 2009 ausgerichtet. Mit dem Tänzer Elik Niv erkundet sie hier die Entstehung von Glück. "I am so glad to see you!" Hilft schon die Bekundung, man sei froh den Glücksgefühlen auf die Sprünge? Oder müssen die Mundwinkel per Hand nach oben gezogen werden? Macht Bewegung zu Musik glücklich? Oder bedarf es dazu der Begegnung mit einem Gegenüber?
Immer wieder gönnen sich die Beiden beim auf sich bezogenen Tanzen einen kurzen Seitenblick. Langsam scheinen sich Möglichkeiten der Glücksfindung jenseits der eigenen beschränkten Realität zu erschließen. Doch auch wenn sich die Körper gefunden haben, spuken die Bilder von Glück im Kopf herum und behindern das tatsächliche Empfinden. Bilder der Liebe schienen realer zu sein als die eigenen Gefühle. So malt man immer wieder Herzen in die Luft und an die Wand anstatt sich dem Anderen zu widmen. Auch nackt ist man mehr mit Posieren und Verstecken beschäftigt. Eine großartige Arbeit von Simon, die die Fantasie zu immer neuen Geschichten anzuregen vermochte. Die nächste Gelegenheit diese sympathische und kreative Künstlerin zu sehen sollte unbedingt genutzt werden.
Birgit Schmalmack vom 2.8.11