Draußen vor der Tür
Guter Auftakt
Der Kriegsheimkehrer Beckmann (Philipp Alfons Heitmann) will in der Elbe endlich zur Ruhe kommen. Er ist am Ende. Er kann nicht mehr. Doch die Elbe will sein bisschen Leben nicht. Sie spuckt ihn wieder aus. Da liegt er nun am Elbufer, mehr tot als lebendig. Die Türen, an die er danach klopft, beweisen ihm alle, das was er schon zuvor ahnte: Er passt in dieses Leben mehr nicht.
„Der Krieg ist doch schon lange vorbei“, beschwören ihn die Leute hinter den Türen immer wieder. Verdrängung ist angesagt. Schnelles Geldverdienen, Eigennutz, kurze Befriedigung, alltägliches Durchwurschteln. Für die Sinnfragen, die Beckmann seit seiner Rückkehr nicht wieder verdrängen kann, ist hier kein Platz mehr.
Das Stuttgarter Theater der Altstadt unter der Regie Wilfried Alt hat den Text von Wolfgang Borchert von der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg ins Heute transferiert. Beckmann ist hier ein Afghanistan-Rückkehrer, sein General ein Waffenexporteur und Frau Kramer eine prollige Hausfrau in Jogginganzug. Beckmanns innere Stimme (Stefan Müller-Doriat) wird zu einem Strumpfmaskenträger mit Armeestiefeln und Gott zum Clown, der grinsend durch die Gegend hüpft.
Die Inszenierung scheut nicht vor Klischees zurück um die Botschaft klar zu machen, dass auch die heutige Gesellschaft wenig geneigt ist, sich mit den Folgen eines Kriegseinsatzes auseinandersetzen. Dafür macht die Inszenierung Kompromisse: Die Metaebenen des Borcherttextes sind nur schwer in den Realismus der Übertragung einzuflechten. So muss die klare und beziehungsreiche Sprache Borcherts auf ein alltagstaugliches Normalmaß zurückgestutzt werden. Doch dieser Kompromiss zahlt sich aus. Er schlägt die Brücke in die Gegenwart und macht deutlich, wie allgemeingültig Borcherts Aussagen waren.
Axel Schneider hob in seiner Auftaktrede die besondere Aufgabe der Privattheatern hervor, künstlerische Leistung, knappe Finanzen und Zuschauerwünsche unter einen Hut zu bringen. Das Eröffnungsstück zeigte, wie das gelingen kann.
Birgit Schmalmack vom 20.6.14
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