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Zur Kritik von |
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Willkommen im Schwafel-Salon! |
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Pollesch denkt das Theater am Deutschen Theater wieder einmal weiter. Aus der Arena der Darstellung des antiken Theaters wurde im modernen Theater eine klare Teilung zwischen Zuschauerraum und Bühne. Erst die Postmoderne hat diese klare Trennung wieder aufgebrochen und die vierte Wand eingerissen. Bei Pollesch fällt jetzt nicht nur die vierte Wand, sondern mitunter auch alle anderen der zwei Zimmer mit der Hammer- und Sicheltapete. Dieser Salon ist der Treffpunkt der postrevolutionären Depressiven zur Planung eines Banküberfalls. Schließlich muss der Kapitalismus zu etwas nütze sein. Doch irgendwie scheint der Plan nicht ganz ausgereift zu sein. Rays Idee will bei den anderen nicht zünden. Dabei weiß er ganz genau: Seine junge Freundin wird nicht mehr lange in seinem Bett bleiben, wenn er nicht mehr zu bieten hat. Dabei ist es nicht klar, ob Geld hier eine Lösung sein kann. Denn die bunte Schar, die sich mit dicken Pelzmänteln und blumengeschmückten Morgenmänteln in Rays Zimmern trifft, erhofft sich so viel mehr als das. Endlich die Draufsicht auf ihr Leben bekommen, endlich den großen Plan verstehen! Deswegen treten sie immer mal wieder aus der Kulisse heraus und erschienen dann als bühnengroße Projektionen auf der Rückleinwand, die von oben auf die Zimmer herabblicken. Dann erinnern sie sich: Sie sind ja Schauspieler*innen! Also eine Runde über das Theater und ihre Rolle darin sinnieren! Am liebsten würden sie ganz in "Theater der Trance" versinken. Schließlich verursacht die Dialektik des Daseins eine Art von Bewusstseins-Diffusität, die in einen Trancezustand versinken lässt. Ist diese diffuse Schwebezustand nicht das erstrebenswerte Bewusstseinsebene, die alles mitdenkt, das Eine und sein Gegenteil, die Existenz und die Nichtexistens, das Leben und den Tod. Gelingt Theater und Leben nicht erst, wenn das alles erlebbar ist? Die Hypnoseversuche des Psychiaters Milton H. Erickson, die Spielverweigerung von Gena Rowland, die Mutterverkörperung durch Helene Weigl und das Theater der Trance von Brecht werden zu einem Themen-Brei verrührt, um die Paradoxie des Lebens und des Spiels zu zeigen. In dieser Paradoxie bleibt dann natürlich auch der Abend stecken. Er kann und soll nicht gelingen. Gerne lässt man sich dabei um Sinn und Verstand einlullen. Man freut sich wie über ein Wiedersehen von alten lange nicht gesehenen Freunden. Man muss nicht alles verstehen was sie sagen. Hauptsache man darf wieder zu Gast sein beim Palavern, Nichtstun, Reden und Labern der Pollesch-Hobby-Philosophen. Man meint einen Sinn zu erhaschen, der sich im nächsten Augenblick wieder verflüchtigt. Genau dadurch entsteht die Spannung bei Pollesch-Abenden. Er legt geschickt eine Fährte des Sinns und lässt sie sofort wieder entwischen. Man bleibt dran, nicht zuletzt, weil die Schauspieler*innen dort auf der Bühne ihre Texte so überzeugend vortragen, dass man den Eindruck gewinnen kann, sie verstünden, was sie sagen. Wie in Trance durch die irrlichternder Satzkaskaden versetzt, in der die Gedankenschnipsel zu immer wieder neuen Verknüpfungsmöglichkeiten zusammen gesetzt werden, verlassen auch die Zuschauer*innen von "Melissa kriegt alles" die Aufführung. Dem jubelnden Applaus und der sichtlichen Freude der Schauspieler*innen beim Schlussapplaus ist auch die Freude über die wieder gewonnene Möglichkeit der Begegnung im Theater anzumerken. So freuen sich Darsteller*innen und Zuschauer*innen einfach am hemmungslosen Spiel über das wieder mögliche Zusammensein fast ohne vierte Wand. Birgit Schmalmack vom 1.10.20
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Druckbare Version
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Amerika, Deutsches Theater Hitlers Ziege und die Hämorrhoiden des Königs, DT
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