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| 3000 Euro, Thalia |
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Zur Kritik von
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3000 Euro, Thalia
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Abgestürzt
Ein riesiger weißer Schwan liegt wie vom Himmel abgestürzt und halb zerfleddert quer über die Bühne der Garage in der Gaußstraße. Der Traum vom stolzen Schwanenleben ist aus. So turnen die beiden Loser Anton und Denise auf den plüschigen Resten ihres Lebenstraum herum,. "Er ist ein bisschen verrückt, eben ein Anton", bemerkt Denise an einer Stelle trocken. Sie hat es an die Supermarktkasse verschlagen, an der immer öfter die Verlierer der Konsumgesellschaft anstehen, um ihre Pfandflaschenbons einzutauschen. Anton findet Denise auf einen prollige Art und Weise hübsch. Er lebt seit kurzem auf der Straße. 3000 Euro Schulden zuviel hat er gemacht, die er aber in einem Gerichtsprozess anfechten will anstelle Privatinsolvenz anzumelden. 3000 Euro sind nicht viel, ein durchschnittlicher Monatsverdienst, doch für Anton markiert diese fehlende Summe genau die Grenze zwischen drinnen und draußen. Denise erwartet genau die Summe auf ihrem Konto. Sie hat aus Mangel an Alternativen in einem Porno mitgespielt um sich und ihrer kleinen verhaltensauffälligen Tochter, der der Vater fehlt, mal etwas zu gönnen. Nun vermutet sie in jedem männlichen Blick das Erkennen ihrer Nebentätigkeit. Anton wagt schüchterne ungelenke Annäherungsversuche. Die kleinen halbmissglückten Liebeslieder, die er vertont hat, rühren sie, auch wenn sie es nicht zugibt. Man trifft sich auf dem Supermarktparkplatz und sucht verzweifelt nach unverfänglichen Gesprächsthemen. Schließlich verzichtet man aufs Reden und landet im Bett. Soll Denise Anton ihre 3000 Euro geben und auf eine gemeinsame Zukunft hoffen? Sandra Flubacher leitet in weiß glänzendem Anzug und hochhackigen Stiefel wie ein Conferencier durch diese Verlierergeschichte. Sie springt in die verschiedensten Rollen, ist mal Denise kleine Tochter, dann der schmierige Porno-Produzent, der Erzähler oder die Stimme im Kopf der Beiden. Autor Thomas Melle hat in seinem Roman geschickt das Leben am Rand der Gesellschaft thematisiert. Auf der Bühne versucht Regisseurin Julia Jost einen weniger wütenden und weniger düsteren Ton zu finden. Die drei Schauspieler tragen helle, coole Kleidung, die kein bisschen ans Proll- oder Pennerdasein erinnert. Das drohende Abrutschen kann jeden treffen, auch den Künstler in Hippster-Klamotte. Trotz der oft verwendeten dritten Person, in der Anton und Denise Abstand zwischen sich und ihrem Schicksal zu bringen versuchen, rühren sie in ihrem unermüdlichen Versuch für ihr kleines Glück zu kämpfen. Jost gelingt mit ihrem Schauspielerteam, aus dem Flubacher mit ihrer intelligenten Ironie herausragt, Marie Jung mit ihrer zarten Stärke beeindruckt und Patrick Bartsch mit seiner gespielten Lässigkeit überrascht, eine spannende Interpretation des Romanstoffes, die bis zum Schluss gekonnt mit ihrer Rätselhaftigkeit kokettiert. Birgit Schmalmack vom 18.11.16
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Australischer Frost, Monsun
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