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Australischer Frost, Monsun

Zur Kritik von

 
Abendblatt 
 


Australischer Frost, Monsun


Umarmen, aber wie?

Eine Mutter, zwei Töchter in einem gutbürgerlichen Umfeld ohne große finanzielle oder psychische Probleme: Sollten unter solchen Bedingungen nicht befriedigende Beziehungen zwischen den drei Frauen möglich sein? Doch zwischen Marianne, Julchen und Jette funktionieren selbst die Basics der Kommunikation nicht. Ehrlicher Austausch findet nicht statt. Über Wünsche, Sehnsüchte und Erwartungen wird nicht geredet, stattdessen werden in Halbsätzen Andeutungen von Vorwürfen untergebracht, die im nächsten Halbsatz schon wieder zurückgenommen werden. So versucht jede der Drei ihr Terrain abzustecken, um den eigenen Schutzwall vor möglichen neuen Verletzungen und Enttäuschungen zu erhalten.
Die jüngere Tochter Julchen (Anjorka Strechel) hat ihr Terrain klar abgegrenzt. Mit Zigtausenden von Bonbons, aus denen sie sich ein süßes Bett gebaut hat. Die Bonbons haben ihr geholfen all das Fehlende wegzulutschen, was sie von ihrer Mutter (Ewa Rataj) nicht bekam.
Mittlerweile haben sich die Rollen aber verkehrt. Mittlerweile ist sie 25 und wohnt immer noch bei ihrer Mutter, weil sie es als ihre Aufgabe begreift auf diese aufzupassen. Dabei wünscht sich Marianne insgeheim nicht sehnlicher als endlich einmal für sich zu sein, was ihr als Alleinerziehende seit ihrer Mutterwerdung verwehrt war. Wahrscheinlich auch ein Grund dafür, dass Julchen so viele Bonbons für den Wohlgefühlausgleich benötigte. So bilden sie eine Schicksalsgemeinschaft, die sich in ihren mangelbehafteten Abhängigkeiten eingerichtet hat.
Doch dann kommt die ältere Tochter Jette (Meike Schmidt) nach 12 Jahren, nachdem sie mit 18 Jahren den Dreier-Frauen-Haushalt verließ, zurück. Sofort überschüttet die Mutter sie mit vielen ungefragten Ratschlägen, die Jette entrüstet von sich weist. Um doch am nächsten Tag wieder an der Haustür zu klingeln.
Autor Clemens Mägde hat die drei Figuren in einen Parcours der gegenseitigen Verstrickung geschickt, der für einen hohen Wiedererkennungswert sorgt. Alle wollen nur das Beste, für sich und die anderen und doch nichts ist richtig. "Kannst du mich mal umarmen?" fragt Julchen ihre Schwester. "Nicht so," korrigiert sie immer wieder. Die "richtige" Umarmung, die sich richtig anfühlt und das Gefühl vermittelt, das erhofft wurde, will nicht gelingen. Julchen knüpft aus Verzweiflung Kontakte zu den Menschen, die hin und wieder an ihre Tür klingeln: zum Werbungsausträger, zum Paketdienstboten, zur Postbotin. Ihnen versucht sie ihre Wünsche nach Versorgung mit dem Nötigen deutlich zu machen.
Die drei Schauspielerinnen loten unter der punktgenauen Regie von Kathrin Mayr alle frostigen Zwischentöne ihrer Versuche zur Überwindung der Einsamkeit in der engen Zweizimmerwohnung und bei der Einrichtung in der alltäglichen Verzweiflung aus. Es ist ein wunderbarer Abend, der so viele Vorstellungsräume aufmacht, die jeder mit seiner eigenen Bildern füllen kann. Denn Mayr hält es aus, die zahlreichen Fäden des Textes bis zum Schluss in der Schwebe zu lassen und keine vorschnellen Erklärungsmuster für die Beziehungsprobleme der Frauen zu liefern.
Birgit Schmalmack vom 12.11.16




 

Australischer Frost by Monsun Theater

3000 Euro, Thalia
Bloody Niggers, Sprechwerk

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