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Hamletanstalt

Zur Kritik von

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Hamletanstalt



Ein Alzheimer-Aufklärungs-Musical?

Die Parallelen zwischen Altenheim und Theater sind offensichtlich: Beide schotten sich ab und bilden ihre eigene Welt. In beiden Welten wird den ganzen Tag gespielt. Die einen versuchen sich die Welt durch Darstellung und Verfremdung anzueignen und die anderen spielen ihre Rollen in ihren eigenen dementen Fantasien. Beide leben ganz dem Moment. Nie ändert sich etwas weder im Theater noch im Heim. Selbst der Prozentsatz, der ins Theater geht und der ins Heim kommt, ähnelt sich. So ist es nur schlüssig, die beiden Welten zu vereinigen und eine Altenanstalt auf die Bühne zu bringen. Stephan Kolosko und Nina Ender haben sich dieses Vorhabens laut eigener Aussage mit dem nötigen Mut zum Risiko des Unvorhersehbaren angenommen. „Probst du noch oder lebst du schon?“, sei ihr Motto gewesen. Schlingensief lässt grüßen. Kein Wunder, Kolosko hat viel mit ihm gearbeitet. Doch während der große, leider zu früh verstorbene Regisseur große Bilderwelten fast beiläufig entstehen ließ, wirkt diese Arbeit in ihrer vermeintlichen Spontaneität und Lockerheit immer eine Spur zu bemüht.
In gemeinsamen Liedern werden die Alten in ihren weißen Anstaltskleidern zu einem hüpfenden Chor, der sich von den eingemischten Jungen führen lässt. Sie geben sich alle Mühe, denn dieses „Alzheimer-Aufklärungs-Musical“ soll Musikgeschichte schreiben. Aufklärung in einer alternden Gesellschaft tut Not, daran kann kein Zweifel bestehen. Sie wird hier aber eher behauptet als gezeigt. Wenn sich allerdings der überaus präsente Daniel Kuhlbrodt hinter transparenten Gardinen anlässt, seinen Hamletfilm im Naziambiente zu drehen, gelingen schöne surreale Bilder, die eine Metaebene haben. Als dann aber zu wieder zu Nina Enders gekünsteltem Rap gemeinsam getanzt werden soll, fühlt man sich eher an Beschäftigungstherapie zur Bespaßung der Alten erinnert.
Zum Schluss darf das Publikum die Bühne erkunden. Wie ein kleines buntes Hüttendorf lädt diese Anstalt zum Verweilen ein. Ein Lesezelt, ein Pflegebett, einen Esstisch und eine Küchenhütte gibt es hier auf dem Spielplatz der Alten. Surreale, spielerische Einfälle mischen sich in dieser Anstalt mit peinlichen Momenten. Fast wie im richtigen Leben.
Birgit Schmalmack vom 20.5.13




 

Hamletanstalt by Ender und Kolosko

Frühlings Erwachen
Die Gespenster

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