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Der Vorname

Der Vorname, Schauspielhaus



Schauspielhaus goes Boulevard

Geschliffene Bildungsbürgersprache, treffsichere Dialoge, perfektes Timing und kleine gezielte Seitenhiebe auf die Gesellschaft – alles, was eine unterhaltsame, gut gemachte Gesellschaftskomödie braucht, haben die Autoren Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patellière in ihr Theater-Erstlingswerk „Der Vorname“ eingebaut. Wenn eine Schreibuni eine lehrbuchhafte Vorlage bräuchte, dann würde sich dieses Stück im Stile Yasmina Reza perfekt dafür eignen. Der junge, Comedy erfahrene Regisseur Christian Brey hat es im Schauspielhaus uraufgeführt. Die Bühne von Annette Hachmann macht ihrem diesjährigen Namen „Spielfeld“ alle Ehre: Eine Spielwiese für Erwachsene hat sie auf der Bühnenplattform geschaffen. Durchgehend mit bunten Polstern belegt bietet sie ein Terrain, auf dem die Protagonisten leicht einsinken und jeden sicheren Stand sofort einbüßen können, aber gleichzeitig für ihre Wortgefechte einen Sparringboden vorfinden.
Der Literaturprofessor Pierre (Stephan Schad) und seine Frau Elisabeth (Ute Hannig) erwarten Gäste zu einem gemütlichen Abendessen. Kulturell aufgeschlossen wie sie sind, serviert Elisabeth ein marokkanisches Menue. Das dient aber im weiteren Verlauf des Abends eher zur Zweckentfremdung als Wurfgeschoss denn für den kulinarischen Genuss. Ihr zynischer, selbstverliebter Bruder Vincent (Marcus John) nebst schwangerer Freundin (Katja Danowski) wird ebenso erwartet wie der biedere Freund der Familie Claude (Janning Kahnert). Man ist also unter sich und kann ohne Rücksicht auf Höflichkeiten die sprachlichen Florette schärfen. Denn das machen Pierre und Vincent, beide gleichermaßen Egomanen wie Machos, nur zu gerne. Der eine als neureicher Geschäftsmann und der andere als intellektueller Literaturprofessor. Beide Frauen kämpfen an ihrer Seite mit mehr oder weniger harter Bandage um eine Position, in der sie mehr dürfen als zu kochen, Kinder zu kriegen und als Alibi der Emanzipiertheit einen Beruf nachzugehen. Claude hält sich bei all diesen Auseinandersetzungen dezent zurück und fühlt sich nur wohl in seiner Rolle als schweigender, lächelnder Beobachter. Mit gutem Grunde, wie sich später herausstellt, als die Stimmung so aufgeheizt ist, dass auch er seine Hosen runter lassen muss.
In dieser Komödie geht es um die gnadenlose Enttarnung aller Fassaden. Jedem wird hier seine persönliche, spezielle Abrechnung, Entgleisung und Entblößung gegönnt. Dass alle zum Schluss wieder friedlich vereint zwischen den Polstern liegen, mag man kaum glauben. Auch bei den Intellektuellen und Reichen gilt also: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. So banal können das Leben und die Botschaften im Theater sein.
Birgit Schmalmack vom 5.11.12



Zur Kritik von

Stuttgarter Nachrichten 
Abendblatt  
godot 


We saw monsters
Das letzte Lied

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