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Sein oder Nichtsein


Groteske wird Wirklichkeit

Die Zeile aus Hamlet „Sein oder Nichtsein“ bekommt für den polnischen Schauspieler Josef Tura plötzlich eine noch existenziellere Bedeutung als bei Shakespeare. Die Nazis kommen 1939 nach Warschau und er kommt in die Verlegenheit um sein Leben spielen zu müssen. Seine schauspielerischen Fähigkeiten und die seines Ensembles sind jetzt notwendig, um das Überleben des polnischen Widerstandes zu retten.
Doch leider ist Josef eher ein Schmierenkomödiant als der Erste-Klasse-Darsteller, für den er sich hält. Seine Selbstüberschätzung wird ihm und seinen Kollegen fast zum tödlichen Verhängnis. Das wird in Milan Peschels Inszenierung des Lubitsch Klassiker von 1942 am Maxim Gorki Theater überdeutlich gemacht. Das Warschauer Theater, an dem das Turas Ensemble arbeitet, wird von Beginn an zum provinziellen Schargentheater deklassiert.
Hier probt man eine aktuelle Hitler-Satire, die aber aufgrund der politischen Entwicklungen abgesetzt werden muss; denn der Einmarsch der Deutschen steht kurz bevor. So muss der bewährte Hamlet wieder auf den Spielplan. Doch von einem Josef Tura kann Hamlet nur als Ansammlung von Selbstdarstellungsszenen verstanden werden. Dass es ihm mehr um die Eitelkeiten der Darsteller als um die Inhalte geht, wird in aller Ausführlichkeit vorgeführt. Als genau diese zweitklassige Truppe um ihr Leben spielen muss, steigern sich ihre Qualitäten zum Glück für sie und für die Zuschauer. Doch Peschel versucht zu sehr, den komödiantischen Tonfall von Lubitsch Film noch zu übertreffen, indem er ihn ins Slapstickhafte übersteigert. Die zahlreichen Ideen, die er einstreut, steigern nicht unbedingt die Fallhöhe in die historische Tragödie. Leider verliert sich auch Ronald Kukulies als Josef in der Übersteigerung seiner Eitelkeiten bis zum grimassierenden Klamauk. Holger Stockhaus, Hans Löw und Sabine Waibel zeigen, wie eine Entlarvung auch ohne Clownerie geht.
Bezeichnenderweise nutzt Peschel dieselben verschiebbaren Tapetenwände für die Theaterbühne, auf der die Hitler-Groteske geprobt wurde, wie für die die tatsächlichen Geschehnisse in der Gestapozentrale. Damit folgt er Lubitsch und enttarnt die Nazis als Schargen in ihrem eigenen inszenierten Stück der absurden Grausamkeiten. Die Groteske wird Wirklichkeit.
Birgit Schmalmack vom 26.10.12



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