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Das Drama der Selbstbetrugsromantik

Spiel nicht die Tragödienkönigin aus dem Melodram, das ist einfach nur peinlich. Hör auf ständig nach dem einzig richtigen Märchenprinz für dich zu suchen. Ihn wird es nicht geben. Hör auf mit dem Selbstbetrug, dass du aus jedem selbstinszenierten Lebensdrama mit größerer Selbstachtung hervorgehen wirst.
Rene Pollesch räumt dieses Mal kräftig mit einer grassierenden Selbstbetrugsromantik auf. In einer Westernkulisse im Stile von Scarlett O’Hara, die auf ihren Rhett Butler wartet, lässt er die Sophie Rois mit ihrer markigen Stimme kräftig wettern und mit Pistolen fuchteln. Vor tiefrotem Hollywoodsonnenuntergang werden die Wortgefechte auf rutschigem Gras ausgetragen. Ein Weiberstück, das ganz ohne Männer auskommt. Hier versorgen sich die Frauen gleich selbst. Der geliebte Traummann kommt als blasses vollbusiges Blondchen daher. Da ist es wohl konsequent, wenn dieser Angebetete (Leonie Hahn) gegenüber seinen überaus potenten Partnerinnen (Christine Groß, Margit Carstensen) sehr schwach wirkt.
Auch dieses Mal schafft es Pollesch wieder auf unnachahmliche Weise die Liebes-Thematik mit Kapitalismus- und Globalisierungskritik zu verknüpfen. Ein Chor und selbstironische Seitenhiebe auf das Theater fehlen auch nicht und somit bekommen alle das, was sie erwartet haben, und gehen schlauer nach Hause, als sie gekommen sind. Pollesch hat dem Adornoschen Treuebegriff eine neue Interpretation gegeben: Durchhalten! Am Ende des Abends ist zumindest zwei Dinge klargestellt. Dass es sich nie lohnt, eine Liebe gegen eine neue auszutauschen, und dass die Verschlechterung des einen die Verbesserung des anderen im Globalen wie im Privaten bewirken kann. Wäre das nicht schon genug für eine ganze Stunde Theater? Wenn jetzt auch die wunderbare Sophie Rois mit auf der Bühne steht, kann man über die eine oder andere Logiklücke hinwegsehen.
Birgit Schmalmack vom 25.9.10



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