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Gegen die Wand

Gegen die Wand, Altonaer Theater



Den Schmerz essen
Sibel lernt Cahit in der Psychiatrie kennen. Beide haben einen Selbstmordversuch hinter sich. Um der Zwangsheirat zu entkommen, bittet sie Cahit mit ihr eine Scheinehe einzugehen. Unerwartet wird daraus mehr. Nachdem Cahit aus Eifersucht einen Verehrer Sibels erschlägt und ins Gefängnis muss, geht sie weg. Sechs Jahre später treffen sie sich in Istanbul wieder. Sibel hat inzwischen Mann und Kind. Wagt sie den Ausbruch mit Cahit?
Wer sich dieses Stoffes annimmt, hat sich großen Bildern zu stellen: Fatih Akin hat für seinen Film den Goldenen Bären bekommen.
Auch in der Inszenierung des Jungen Theaters Göttingen läuft der Soundtrack ständig mit. Die Musiker, zu denen auch immer wieder die Schauspieler gehören, untermalen die dramatische Liebesgeschichte zwischen den Kulturen perfekt. Regisseur Andreas Döring sorgt zudem mit der Beibehaltung der türkischen Originaltexte aus einer frühen Drehbuchfassung für den passenden Klang. Da sie hier ohne Untertitel versehen sind, verzichtet er auf die direkte Übersetzung und hofft darauf, dass sich der Sinn sich auch ohne Türkischkenntnisse erschließt. Das war ein wenig zu viel der Werktreue. Theater funktioniert auch mit mehr Zutrauen zur Fantasie der Zuschauer.
Döring schafft es mit viel Musik, schnellem Szenenwechsel und punktgenauer Lichtregie die Stimmungen so schnell wechseln zu lassen wie im Film. Zum Glück hat er neun Performer auf der Bühne, die nicht nur türkisch sprechen gelernt haben, sondern auch musikalisch einiges draufhaben. Besonders die Hauptdarsteller beeindrucken mit ihrer ganz eigenen Interpretation der Filmrollen. Sibel wirkt durch Franziska Beate Reincke burschikoser und liebevoller. Cahit bekommt bei Dirk Böther weichere und weniger brutale Züge.
Jubelnder, lang anhaltender Applaus beendete die überzeugende Eröffnungsveranstaltung der Privattheatertage im Altonaer Theater, in der die Unterhaltung bei aller Dramatik nie zu kurz kam.
Birgit Schmalmack vom 2.6.12




 

Gegen die Wand vom Jungen Theater Göttingen © Clemens Euling

Zur Kritik von

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