Buten vor de Döör, Ohnsorg



Herausragende Inszenierung

Beckmann liegt zwischen den vielen alten Matratzen auf der Bühne, will schlafen und nie wieder aufwachen. Doch die Elbe spuckt ihn wieder aus. Sie will ihn nicht. Du sollst leben! Mit seinen 25 Jahren findet sie ihn zu jung zum Sterben. Aber Beckmann, das traurige Gespenst mit seiner aufgemalten Gasmaskenbrille, hat genug vom Hungern, Frieren und Humpeln. Überall bleiben für ihn die Türen verschlossen. Bei seiner Frau liegt ein anderer, seine Eltern liegen auf dem Friedhof, sein ehemaliger General lacht ihn aus, für die Cabaret-Bühne ist er zu düster.
„Der Krieg ist doch schon lange vorbei“, beschwören ihn die Leute hinter den Türen immer wieder. Verdrängung ist angesagt. Schnelles Geldverdienen, Eigennutz, kurze Befriedigung, alltägliches Durchwurschteln. Für die Sinnfragen, die Beckmann seit seiner Rückkehr nicht wieder verdrängen kann, ist hier kein Platz mehr.
Die Verantwortung, die er im Krieg übernehmen musste, lässt ihn keine Nacht mehr schlafen. Ein Albtraum, in dem ein Militär auf Leichenteilen Xylophon spielt, lässt ihn jede Nacht aufschrecken.
Zwischen den schmutzigen Matratzen, die zu immer neuen Formen arrangiert werden, agieren die drei Schauspieler. Holger Dexne ist ein Beckmann, der mit seinem Spiel in seinem schlapperigen weißen Unterwäscheanzug bis zur Erschütterung anrührt. Alle weiteren Rollen werden von Birte Kretschmer und Oskar Ketelhut in blitzschnellen Wechsel gespielt.
Wie für ein Hörspiel, als das Wolfgang Borchert sein Stück geschrieben hat, werden die Geräusche von ihnen selbst erzeugt. Außerdem wechseln sie ständig zwischen Hoch und Plattdeutsch, wenn sie zu Gott, der Tod, General, Theaterdirektor, Nachbarin oder junger Frau werden.
Regisseur Ingo Putz hat dem Text zusammen mit der Dramaturgin Cornelia Ehlers auf der Ohnsorg Studio Bühne zu neuer Eindinglichkeit verholfen. Eine herausragende Umsetzung des sprachgewaltigen und beeindruckenden Stückes von Wolfgang Borchert.
Birgit Schmalmack vom 29.11.18