Sie sind hier: HH-Theater I-S Opernloft

Der fliegende Holländer, Opernloft

Der Fliegende Holländer Foto by Inken Rahardt

Sehnsucht als Projektion

Der fliegende Holländer ist eigentlich ein leibhaftiger Seemann, der zu ewigem Herumirren auf dem Meer verdammt ist. Diese Figur, die Wagner für eine seine ersten Opern mit dem gleichnamigen Titelheld aufgegriffen hat, wird im Opernloft zu einer reinen Projektionsfläche. Im Original hat sich der Holländer nach einer gescheiterten Umrundung des Kaps geschworen, auf dem Meer zu bleiben; es sei denn er fände eine Frau, die ihm die ewige Treue schenke. Bei Regisseur Sebastian Ritschel ist es aber diese Frau Senta (Tammi Huber), die ihn eigentlich erlösen soll, diejenige, die selbst nach Erlösung sucht. Denn die Ballade vom Fliegenden Holländer hat sie in den Zustand schwärmerischer Sehnsucht versetzt. Seitdem schmachtet sie ein Bild an.
Im Opernloft ist sie in einem geschlossenen schwarzen Kubus gefangen. Nur ein Fenster ist in die Rückwand eingelassen. Doch statt eines Ausblicks ins Weite spiegelt es nur ihre Innensicht wieder. Blau für die Weite des Meeres, Rot für die Verzweiflung, Gewitterblitze für die Stimmungsumbrüche. Oft blicken sie große Augen von hinten an; so sehr wünscht sie sich, dass die liebenden Blicke des herbeigesehnten Mannes auf ihr liegen.
Alle weiteren Figuren der Oper fasst Ritschel in der des „Freundes“ (Edwin Cotton) zusammen. Er ist der fürsorgliche Vater, die treu sorgende Amme und der verliebte Erik, der sich seinerseits Hoffnung auf Senta gemacht hatte. Er erweist sich als wahrhaft liebend, denn er ist so um das gefährdete Seelenheil seiner Freundin besorgt, dass er für sie ein Zusammentreffen mit einem „Holländer“ (Konstantin Anikin) inszeniert.
Ritschel macht sich für seine Arbeit zunutze, dass diese Oper noch als Nummernoper konzipiert war. So arrangiert er die Arien zu einer neu ausgerichteten Dreiecks-Geschichte um Liebe, Wahn, Sehnsucht und Treue. Überraschend gut fügen sich die Lale-Andersen-Lieder in das Konzept mit ein. Sie nehmen so der Oper mit einer Prise Ironie etwas der Wagnerschen Schwere, erstaunlicher Weise aber ohne seine Dramatik zu schmälern. Wagners Musik übersteht alle Eingriffe standhaft. Die drei hervorragenden Sänger bringen die wunderschöne Theatralik der gewichtigen Klänge bestens zur Geltung. Das klare, schwarz-weiße, schlichte Design der Bühne trägt dazu bei, dass auch die Gefahren des Kitsches geschickt umschifft werden.
Birgit Schmalmack vom 13.1.14

Zur Kritik von

pagewizz