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Abendblatt 
 

Am Anfang der letzten Nacht

Am Anfang der letzten Nacht am Monsun Theater

Im Hotel der letzten Nacht

Amor (Mirko Thiele) ist ratlos. Gerade hat er Toni (Klaus Bayer) einige Grundbegriffe der Männlichkeit beigebracht, da krümmt der sich schon wieder vor seiner Frau zusammen, die ihn mit einem weiteren Telfonanruf terrorisiert. Toni hat seinen gut dotierten Job verloren und ist nun seiner einzigen Daseinberechtigung, der eines Versorger seiner Familie, beraubt. Wie soll er seiner Frau jetzt gegenüber treten? Da nützen ihm auch Amors Lektionen wenig.
Auch die anderen Hotelzimmerbewohner können in Sachen Lebensglück nicht punkten. Nicht das Ehepaar (Anja Topf und Herbert Trattnig), das seine besten Jahre schon hinter sich gelassen hat und sich jetzt bis zur Erschöpfung im Partner verbeißt. In zynischen Wortgefechten bohren sie in den Wunden des anderen, die sie nur zu gut kennen. Auch nicht die junge Frau (Nina Sarita Balthasar), die nach dem plötzlichen Tod ihrer Zwillingsschwester versucht hat deren Stelle einzunehmen und dabei nur scheitern konnte. Weder ist ihre Haut so rein, weder ihr schauspielerischeres Talent so groß noch ihre Figur so schön wie das ihrer Vorbildschwester. In der Psychiatrie haben diese Figuren ihre besten Zeiten. Hier zählt nicht Leistung noch Aussehen, hier dürfen sie dem Nichtstun frönen und hier wird nichts außer Ehrlichkeit von ihnen erwartet.
Nina Haratischwilli hat wieder einmal einen Text geschrieben, der den Finger in gesellschaftliche Wunden legt. Er zeigt ungeschönt, wohin der Optimierungswahn führt. Geschlechterrollen werden hinterfragt, doch auch in ihrer Neudefinition nicht die Lösung aller Probleme gesucht. Regisseurin Nina Pichler lotet in ihrer Inszenierung am Monsun Theater mit ihrer tollen Darstellerriege alle Möglichkeiten zur Komik aus. Ihr dickbäuchiger Amor steht mit wirrem Lockenkranz um die Glatze, Bier trinkend und lakonisch grinsend auf seiner Gerüstetage und schüttelt den Kopf über das merkwürdige Menschengetier, das seiner Meinung nach das Leben so unnötig verkompliziert.
Birgit Schmalmack vom 24.2.14