IF – Wer wir sind
Die Generation der tausendundeinen Möglichkeiten
Die zwei Frauen treffen sich in der Psychiatrie. Burn Out ist die Diagnose. Die eine sieht sich wahlweise schon als das kommende Topmodel, als neue Rakete am Pophimmel oder im nächsten Film von Tarrentino. Ein kompromissbereiter Amateur zu sein, erscheint ihr als die schlimmstmögliche Version ihres Lebens. Die andere weiß leider nur allzu genau, dass die Zukunft von einem auf den nächsten Moment als beendet erscheinen kann. Das plötzliche Aussortiertwerden von ihrem Lebenspartner hat sie aus der Bahn geworfen. Die beiden Frauen werden zum Spiegelbild einer Generation, die sich einer unglaublichen Vielfalt an Möglichkeiten gegenüber sieht. Scheinbar unendliche Variationen an Chancen stellen sich ihnen, nur an ihnen ist es sie zu nutzen. Sie allein können sich verantwortlich dafür machen, wenn sie nicht ergreifen. Nicht die Eltern, nicht die Gesellschaft, nicht die Wirtschaftslage, nicht ihr ursprüngliche kulturelle Prägung kann dafür herhalten, wenn der Lebensplan nicht aufgeht, wenn sich nur ein Leben in der Mittelmäßigkeit ergibt. Wenn sie es nicht schaffen, was immer „Es“ auch sein mag. Vor lauter selbstgestellten Ansprüchen und nur mittelprächtig gut genutzten Chancen bleibt mancher lieber auf dem Sofa sitzen, jettet seinem Idealbld hinterher, verliert sich im Dschungel der möglichen Projekte oder wählt die sichere Variante als verbeamtete Ehefrau im Reihenhäuschen. Davon spricht der Film von Michael Schatzer, der das Theaterstück von Judith Achner umrahmt. Im Kolbenhof nutzen das künstlerische Dreier- Team (mit Regisseurin Eva-Maria Schattauer) das Foyer außerdem für eine Fotoausstellung, die die Hoffnungen, Wünsche, Erwartungen und Sehnsüchte der If-Generation bebilderte. Ein überaus inspirierender, intensiver und inhaltlich spannender Abend.
Birgit Schmalmack vom 30.6.15