Das Leben ein Traum
Von Natur aus gut?
Kann ein Mensch, der Zeit seines Lebens in einem dunklen Kerker gelebt hat, sich der Menschlichkeit und Güte erweisen? Kann jemand, dem nie Liebe und Anerkennung zuteil wurde, diese selber geben? Dieser Frage geht Calderon in seinem Stück „Das Leben ein Traum“ nach. Prinz Sigismund (Fabian Baumgarten) wird gleich nach seiner Geburt weggesperrt. Sein einziger Kontakt zu einem Menschen ist der zu seinem Wächter (Oliver Törner). Seinem Vater (hervorragend: Hedi Kriegeskotte) war vorhergesagt worden, dass sein königlicher Sohn sich zu einem Monster entwickeln würde. Nun reut den alten Vater seine harte Entscheidung und er will seinem Sohn eine Chance zur Bewährung geben. Das Experiment scheitert vorhersehbar und der Prinz wird zurück in den Kerker verfrachtet. Alles nur ein Traum gewesen..., will man ihm weismachen, als er sich in seinem Kerker wiederfindet.
Doch schafft es der Autor Calderon, dem Stück noch im letzten Drittel ein überraschendes Happy-End zu verschaffen. Der Böse wird gut, das Volk ist klüger als der Vater, alle bekommen ihre Wunschpartner und dem Vater wird verziehen.
Dieses andeutungsreiche und vielschichtige Stück hat sich Tobias Herzberg für seine Diplominszenierung ausgesucht. Es stimmt vieles: Die Bühne ist einfach und grandios. Das Halbrund aus schlichten Spanplatten wird zunächst zum Kerker und dann zum Palast. Die Hütte, in der Sigismund sein Leben fristet, ist ein winziges Stahlgerüst in Form eines Hauses, in das sich der Eingekerkerte zum Schlafen einfalten muss. Die prunkvollen Kostüme schmücken und entlarven zugleich. Die großen Halskrausen, die riesigen Steppröcke und die goldenen Verzierungen setzen zu offensichtlich auf äußerliche Effekte. Die Musik vom Live-Pianisten Daniel Gerzenberg führt die doppelbödige Untermalung fort. Mit hoher Bewegungsenergie hetzt Herzberg die Kontrahenten um die Macht aufeinander. Er zeigt das höfische Personal als geckenhafte Schranzen, die nur ihre Rolle zu spielen haben. Sie lavieren sich um den roten Teppich herum, immer darauf bedacht nur keinen Fehler zu machen und sich an die Etikette zu halten. Dennoch kommt Herzberg immer wieder an Punkte, in denen auch er nicht verhindern kann, dass die Story unglaubwürdig und konstruiert wirkt. Dann rettet er sich in Slapstick, Aktion oder Verfolgungsjagden mit dem Gabelstapler. Doch leider mogelt er sich so auf unterhaltsame Weise fast an den Kernfragen des Stückes vorbei: Wie wird das Gewissen des Menschen geschult? Ist der Mensch von Natur aus gut? Wo verläuft die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit?
Birgit Schmalmack vom 13.3.14