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Mobutu choreographiert

Mobutu choreographiert Foto: Knut Klaßen

Tanzt den Unabhängigkeits-Samba

„Das Wort „Diktator“ gebrauchen wir nicht, er war für uns einfach Mobutu“, verrät der Kongolese Dinozord. Wie unterschiedlich der Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen sein kann, wenn er in verschiedenen Kulturen geprägt worden ist, beweist immer wieder die Arbeit von Gintersdorfer und Klaßen. Für „Mobutu choreographiert“ arbeiteten sie mit einem interkulturellen Team aus Deutschen, Ivorern und Kongolesen. Es wird klar: Nicht nur die Tanzstile unterscheiden sich sondern auch das Poltikverständnis.
Doch Mobutu hat nicht nur die politischen Verhältnisse im Kongo verändert, sondern auch das kulturelle Leben im Kongo neu in Szene gesetzt. So hatte er bei seinen Auftritten stets eine Band mit am Start, die den „Unabhängigkeits-Samba“ spielte und das Volk so in Bewegung versetzte. Er unterstützte nicht nur das aufkeimende Selbstbewusstsein gegen die belgische Unterdrücker sondern auch die Musiker im Kongo. Er interpretierte das Verhältnis zu den Kolonialherren neu, indem er nicht mehr von „unterwickelten“ sondern von „unterausgestatteten“ Ländern sprechen wollte.
Von all dem erzählt das multiethnische Performerteam auf Kampnagel. Zudem erweitern sie das Kaleidoskop um einen Exkurs in die ivorische Tanztradition der Selbstdarstellung im Gegenzug zu kongolesischen der Kollektivs. Sie kontrastieren dies mit den zwei deutschen Performern Hauke Heumann und Jochen Roller, die mit ihren deutsch geprägten Übertragungen des Getanzten und Übersetzungen des auf Französisch Gesagten als Vermittler zum deutschen Publikum fungieren.
Die übersprudelnde Emotionalität der Afrikaner trifft auf die abwartende Zurückhaltung der Deutschen. Aus diesem Zusammentreffen ziehen Gintersdorfer und Klaßen einen lebensklugen Humor, der den Blick öffnet für die Bereicherung durch Unterschiede. Wenn auch bei „Mobutu choreographiert“ der Tanz und die Musik weniger Raum als sonst einnahm, hielt der überaus unterhaltsame Abend so viel unangestrengte Einblicke parat, dass er nur als gelungen bezeichnet werden kann.
Birgit Schmalmack vom 22.12.13

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taz