Survival of the artist
Die Vorreiter der schönen neuen Arbeitswelt
Das Maikäfer-Optimisten-Gen braucht so ein Kreativer, um sich von einem Nebenjob, von einer Antragsstellung bei der Kulturbehörde, von einer Ablehnung bei einem Kulturinstitut, von einer Ideenflaute bis zum nächsten tollen Projekt durchzukämpfen.
Die Azubis scheinen dieses Gen zu besitzen. Das macht sie zu Spezialisten, die sich mit Fug und Recht als Vorbilder für die neue schöne Arbeitswelt, in der sich Arbeit und Privatleben vereinigen, hinstellen können, um in einem Impulsseminar ihre Tipps zum Überleben als Selbstausbeutungskünstler zu geben.
So lassen sie die Zuschauer an ihrer harten Kreativitätsarbeit teilhaben, die an ihrem Schreibtisch beginnt. Die per Beamer an die Wand projizierten Ideen werden von Kai Fischer ebenso schnell skizziert wie von Christopher Weiß verworfen. Dennoch geben die beiden nicht auf und hoffen weiter, dass sie irgendwann von der Muse geküsst werden, mit ihrer Ideenflut auch die Zuschauer entzücken und dann auf Welttournee gehen können.
Ihr Publikum in der Hamburger Botschaft entzückten die liebevollen, flexiblen Kreavitätsausbrüche der Beiden allemal. Ihr „Survival of the Artist“ war ein schöner und passender Abschluss für ein Festival der Off-Szene. Heißt es doch hier mit sehr wenig Mitteln maximalen Effekt zu erzielen und auch bei sehr mageren finanziellen Ertragsmöglichkeiten nie den Humor und Mut zu verlieren. Das beweisen die Azubis mit jeder Produktion aufs Neue.
Passend auch, dass sie für ihre neuste Arbeit „Cityswap“ mit einem der Jurorenpreise ausgezeichnet wurden.
Birgit Schmalmack vom 14.10.12
Taxi
Distanz halten
Eine Frau (Judith Al Bakri) steigt in ein Taxi ein und lässt sich von dem Taxifahrer (Jochen Strodthoff) durch die Großstadtnacht fahren. Obwohl beide einsam sind, will sich ein Gespräch nicht recht entwickeln; zu festgefahren sind ihre Rollen als Kunden und Dienstleister. So reden sie aneinander vorbei, werfen sich ihre Klischeevorstellungen vom jeweils anderen um die Ohren, offenbaren dabei auch Verletzungen und bleiben dennoch auf Distanz.
Zwischendurch seilen sie sich immer wieder aus dem Taxi ab, indem sie die von der Decke baumelnden Tasche und Lenker loslassen und schlüpfen in die Rollen ihrer Großmütter.
Denn das Münchner Ensemble Hunger&Seide will mit ihrer Arbeit „Taxi“ der Frage nachgehen, wie sich Gewalt über Generationen in den Menschen fortpflanzt. So spüren die beiden Macher den Geschichten ihrer Großeltern nach. Der eine hatte linientreue Nazideutsche, die andere einen irakischen Kunstmaler mit seiner 14jährig zwangsverheirateten Frau als Vorfahren. Beide Paare erlebten den Krieg und beide Ehefrauen wurden mit 28 Jahren Witwe.
Leider sprang der Funke am Samstag beim Gastspiel im Thalia in der Gaußstraße zwischen den Schauspielern und dem Publikum nicht über. Trotz der eindrucksvollen Atmo-Großbild-Projektionen und Musikuntermalungen blieben sie zu den zäh und langatmig erzählten Geschichten auf genau der Distanz, die die beiden Single-Großstädter auch zueinander hielten.
Birgit Schmalmack vom 14.10.12
Brazilification
Es lebe die Hochkultur
Die Schwarzen sind selber schuld. Warum haben sie auch so viel Sex? Die Weißen haben ihren Reichtum verdient. Schließlich waren sie es, die in dem Land etwas aufgebaut haben.
Ein scheinbar klares Bekenntnis zur Überlegenheit der weißen Hochkultur und zum Ego-Kapitalismus steht am Schluss von „Brazilification“. Doch die gute Stunde zuvor hat jede Eindeutigkeiten im Blick auf die Ungerechtigkeiten dieser Welt ab absurdum geführt. Am Beispiel Brasilien wagen die drei Künstler einen eindeutig nicht klischeefreien, parteiischen, provozierenden und entlarvenden Blick auf die immer größer werdenden Unterschiede zwischen Arm und Reich.
Die Drei dürfen sich als Kenner des Landes begreifen. Die eine ist halb in Sao Paulo und halb in der Schweiz aufgewachsen, der andere hat als Sohn eines VW-Managers in Brasilien gelebt und der letzte hat sich als Selbstfindungsaussteiger einige Jahre in den sonnigen Süden aufgemacht. Alle sind sich durchaus ihrer privilegierten Situation bewusst. Miriam und Christopher haben in gated communities auf großem Fuß gelebt. Marcel konnte seinen Ausflug in die Favelas als Teil seines Abenteuerurlaubes sehen, den er im Gegensatz zu seiner brasilianischen Freundin jederzeit wieder beenden konnte.
Miriam Krohn, Christopher Kriese und Marcel Grissmer spielen gekonnt mit scheinbaren Gewissheiten, Übereinkünften und Allgemeinplätzen, die sie von einem Moment auf den anderen an anderen Wahrheiten zerschellen lassen. Sie scheuen sich nicht mit provokativen Meinungsäußerungen ihre Zuschauer aufzurütteln. Ein einfaches, geruhsames Zurücklehnen in gemeinschaftlichem Gutmenschentum erlauben sie sich selbst und ihnen nicht.
Die Theatergruppe Neue Dringlichkeit aus Zürich machte ihrem Namen bei ihrem Gastspiel im Rahmen des Festivals 150% alle Ehre. Dringlicher und überraschender zum Nachdenken und Diskutieren kann man kaum.
Birgit Schmalmack vom 10.10.12
Le Chantier
Wie eine Banane
Wie eine Banane sei er, dieses zweifelhafte Kompliment wurde ihm häufig von seine Freunden gemacht. Der Vietnamese Dan Thy Nguyen sei zwar außen gelb aber innen weiß.
Das Leben mit verschiedenen Kulturen in einer Großstadt wie Hamburg wollte Nguyen mit Elementen der Oral History auf der Bühne genauer untersuchen. Dafür lässt er nicht nur seine eigene Geschichte erzählen sondern auch die zweier Frauen aus dem Kamerun, von einem Ostdeutschen aus einem Thüringer Dorf und einem Hamburger Mädchen aus Stellingen. Gleichzeitig treten aber auch alle aus ihrer eigenen Rolle als Person heraus und so kommen vier weitere Biographien mit ins Spiel. Die Ex-Kolonialerfahrungen in Kamerun stehen neben dem Napalmbombardement in Vietnam, das Aufwachsen im Senegal neben dem in Hamburg mit einer deutschen Mutter und einem afrikanischen Vater, das Großwerden in der engen DDR neben dem Auszug als Sechszehnjährige, die erst auf dem St.Pauli-Gymnasium politisch zu denken lernt.
Die unterschiedlichen Familienhintergründe, Lebenserfahrungen und Persönlichkeiten werden ohne Wertung erzählt. Dennoch spricht die Nebeneinanderstellung der Fremdheitsgefühle des linken Stellinger Mädchen in der Szeneschickeria mit dem Ausgeschlossenwerden der schwarzen Frauen aus der deutschen Gesellschaft für sich. Wenn dann noch Kriegsbilder aus Syrien über die Leinwand flimmern, erscheinen die Ängste der Hamburger Eingeborenen als Luxusprobleme.
Der Hörsaal des Völkerkundemuseums war ein passender Ort für die Aufführung, wenn auch nicht ganz unkompliziert. Da Scheinwerfer fehlten, mussten die Schauspieler mit lautem Klick stets selbst ihre Beleuchtung an knipsen. Der Abend lebte weniger von seiner beeindruckenden theatralischen Umsetzung als vielmehr von seinen überaus sympathischen Darstellern und seinem Botschaft: Jeder ist individuell und es braucht Geduld beim Zuhören der unterschiedlichen Geschichten. Der Anfang ist mit diesem Abend gemacht!
Birgit Schmalmack vom 9.10.12
Mondgesicht
Ein Leben hinterm Mond
Die Facetten ihres Lebens, das im Schatten eines Mannes stattfand, drehen sich beständig. Für Durchzug ist in ihrem Lebenshaus gesorgt. In den milchigen Scheiben erkennt sie sich nur undeutlich. Da waren zunächst die Eltern, – beide nazitreu – die sie in einer vermeintlichen Almidylle aufwachsen ließen. Dann war Krieg. Sie erinnert sich noch, wie sie mit ihrer Freundin Susanne die Verwundeten aus den Wagons ausladen half. Die Erinnerungen an einen russischen Soldaten tauchen auch wieder auf. War es etwa eine Vergewaltigung? Verdrängung ist vielleicht auch eine Möglichkeit damit umzugehen. Dann gab es Helmut. Doch er glänzt in ihrem als Bollwerk der Familien-Ästhetik errichteten Garten und Haus eher durch Abwesenheit. Dafür vertreiben sich die beiden Jungen Peter und Walter ihre Langeweile durch gegenseitiges Ärgern. Hannelore gibt das Rollenmodell Ehefrau und Mutter, das schon zu ihrer Zeit etwas aus der Mode gekommen ist. Mit ihrer betonierten Toupierfrisur und ihren Kostümchen gibt sie sich alle Mühe die Fassaden aufrecht zu erhalten.
Das CobraTheater mit den Performern Gesine Hohmann, Maria Lilith Umbach und Lukas Vögler haben sich mit dem Streit um die Hannelore Kohl
-Biographie von Schwan auseinander gesetzt. Sie plädieren für das Recht auf die eigene Erinnerung und Wahrheit, an dem Rechtsstreitigkeiten vorbeigehen. Sie nähern sich dieser Figur mit Butterbroten, die im Foyer geschmiert werden, mit Filmen, die in eine idyllische Alpenlandschaft im Sonnenschein versetzen, mit Haarteilen, die Mann und Frau gleichermaßen in trutschige Blondchen verwandeln, und mit Liedgut, das den verschiedenen Facetten dieser Frau auch musikalisch Ausdruck verleiht. Eine Arbeit, die mit vielen Bildern nachhaltig beeindruckt und nachdenklich macht.
Birgit Schmalmack vom 5.10.12
Wir sind nicht das Ende
Ende der Liebe
Ich liebe dich, ich liebe dich, hört Aisha (Stephanie Schadeweg) aus dem Handy. Dann bricht die Leitung ab. Die letzten Worte ihres Mannes Zaid (Jörg Kleemann). Er ist einer der Attentäter, die am Anschlag vom 11. September beteiligt waren. Der 11.9. war der Tag ihrer Prüfungen. Endlich hatte sie es geschafft, sie ihr Medizinstudium erfolgreich beendet.
In Rückblenden, in fiktiven und realen Zwiegesprächen versucht Aisha ihre Beziehung zu Zaid zu begreifen. War das Liebe, wenn Zaid immer wieder plötzlich verschwand? War das Liebe, wenn Aisha nicht mitkommen wollte, um den Fortgang ihres Studiums nicht zu gefährden? War das Liebe, wenn Zaid seine wahren Beweggründe für sich behielt? War das Liebe, wenn Aisha wegen ihrer Unsicherheiten abtrieb? War das Liebe, wenn man immer wieder dieselben Worte der Liebesbeteuerung sagte, aber keine Gemeinsamkeiten folgten?
Carsten Brandau hat einen intelligenten Text vor dem Hintergrund der realen Geschichte des Attentäters Ziad Jarrah geschrieben. Frank Abt hat sie mit sicherer Hand, hochkonzentriert und mit zwei wunderbaren Schauspielern in dem leeren Bühnenraum des Lichthofs im Rahmen des Festivals 150% made in Hamburg aufgeführt.
Birgit Schmalmack vom 4.10.12
Off with their heads
Scheinwerfer als Hauptdarsteller
Maximilian Maintz hat den Scheinwerfer selbst in das Licht der Aufmerksamkeit gestellt. Er lud zu einem Werkstattbesuch in die Kampnagelhalle P1 ein, in der ein halbes Dutzend Scheinwerfer zu einem minalistischem Soundteppich ihr Eigenleben vorführen ließ. Hier wurden sie selbst einmal zu Stars, die sie ansonsten anstrahlen sollen. Wie Suchscheinwerfer waren sie stets hinter dem nächsten zu fokussierenden Punkt her. Mal strahlten sie sich gegenseitig an, mal malten sie Striche und Strahlen an die Decke und Wände. Mal sonderten sie Lichtblitze und mal Lichttrommelfeuer ab. Um mit diesem Material auch eine Geschichte erzählen zu können, wäre eine Rythmisierung und Entwicklung des Ideenpools gut.
Birgit Schmalmack vom 4.10.12
Cityswap
Keiner bleibt stehen
“The man, who never stops”, dieser Loop von Jan Lauwers & Needcompany aus dem Song for Budhanton begleitet die Gruppe per headset auf ihrer ganzen Tour. Ein Motto, das gut zum dreistündigen Theaterparcour durch zwei gegensätzliche Stadtteile passt. Die Stadtentwicklung bleibt ebenso wenig stehen wie die Spaziergänger auf ihrer geführten Tour.
Sie beginnt in St. Pauli, in der Bernsdorfstraße bei Luzi. Sie ist hier aufgewachsen in dem schmalen Stadthaus. Bei Flips und Gummibärchen erzählt sie von den Straßenfesten, die ihre Eltern mitorganisiert haben. Doch auch hier hat sich das Klima verändert. Aufgrund der sich steigernden Kommerzialisierung haben die Eltern ihr Engagement ab diesem Jahr eingestellt. Weiter geht es Richtung Reeperbahn. Auf der Tour dahin sind per Kopfhörer Erfahrungen der Essotanke-Kassierinnen, dem Pfarrer und einem Clubbetreiber mit ihrem Stadtteil zu hören. Die nächste Wohnungstür, an der geklingelt wird, ist die von Jens. Für ein Zimmer sucht er in seiner unsanierten Wohnung unterm Dach einen WG-Genossen. Zum Casting nimmt die Truppe in seinem Wohnzimmer bei Bier und Zigaretten Platz. Jens berichtet von dörflichem Charakter unter der Woche und von einer Touristenschwemme am Wochenende. Doch er wird dem Ansturm trotzen, so nimmt er sich singend vor, am besten mit einem netten Mitbewohner für das winzige Kickerzimmer ohne Fenster.
Vorbei am Park Fiction geht es zum Kontrastprogramm in der Hafencity. Während die Menschenmassen das Zusammenbleiben der Gruppe auf der Reeperbahn erschwerten, hat sie jetzt die Promenaden der Hafencity fast für sich. Nagelneue Häuser, saubere Elbfußgängerzonen, noble Läden, Wind und Elbglitzern bestimmten hier das Bild. Per Kopfhörer berichten Neuzuzügler von ihrem Ankommen in dem Quartier. Zuerst wird bei einer älteren Dame in ihrem Seniorenwohnsitz geläutet. Ausblick und Service erleichtern den Umzug in den vielleicht letzten Wohnsitz, wenn man das nötige Kleingeld hat. Weiter geht es durch das ganz frisch geleckte, aus dem Boden gestampfte Viertel. Unterwegs hört man überrascht von Menschen, die mit viel sozialem Impetus von neuen Chancen zum Neuaufbau einer besseren schöneren Zukunft berichten. So ein Pionier wird zum Ende in der Shanghaiallee besucht. Ein Architekt hat hier vor mit seiner Firma Nidus ein Nest der Vernetzungen zu bauen. Seine Frau berichtet ganz symbolträchtig eine Etage tiefer von einer kahlen Lampenfassung, die sie ihr bisheriges Beziehungsleben von einer Wohnung zur nächsten begleitet habe. Erst jetzt in der Hafencity habe sie eine Fassung bekommen, und zwar ausgerechnet den allseits bekannten, super-billigen Papierlampion von IKEA. Welch schöne Metapher!
Die Azubis (Christopher Weiß, Kai Fischer) lassen in ihrem inszenierten Stadtrundgang die Anwohner selbst sprechen. Sie kommentieren nichts, sie setzen auf die wachen Augen beim Gehen und Schauen und auf die offenen Ohren beim Zuhören. So kann jeder sich seine positiven wie negative Vorurteile und Klischees bei diesem Rundgang bestätigen lassen. Die Azubis zwingen ihn zu keiner neuen Erkenntnis.
Birgit Schmalmack vom 6.10.12
Zur Kritik zu Cityswap
Abendblatt |
Der Geldkomplex
Spaß haben
Franziska muss in die Nervenheilanstalt. Sie leidet unter einem „Geldkomplex“. Der äußert sich darin, dass sie nur noch an Geld denken kann. Sie ist ständig am Rechnen und weiß doch, dass ihr Geld nie ausreichen wird, um alle Gläubigerforderungen abzudecken. So folgt sie der Empfehlung eines befreundeten Freudianers sich behandeln zu lassen, auch deswegen, um diesen Gläubigern zu entkommen. Wie sie auch in der Klinik von ihren Geldkomplexen keineswegs geheilt wird sondern noch andere Mitpatienten ansteckt, erzählt der halbautobiographische Roman der Franziska zu Reventlow sprachgewandt und amüsant. Thomas Ebermanns Bühnen-Fassung wurde im Rahmen des Festivals 150% als szenische Lesung im Monsuntheater vorgetragen. Trotz der prominenten Namen der Beteiligten war die Zuschauerschar überschaubar. Ebermann gab mit väterlichem Duktus die beiden Psychiater, Pheline Roggan gab der Reventlow ihre Stimme und Dennis Moschitto schlüpfte mit großer Wandlungsfähigkeit in alle übrigen Männer- und Frauenrollen. Roggan spielte leider ein wenig zu unbedarft und naiv, um die intellektuelle Schärfe und Gerissenheit der Reventlow in Gänze offen zu legen.
Birgit Schmalmack vom 6.10.12
The Third man
Die heimlichen Kräfte der Musik
Als Kind erzählte ihm sein Vater über den Film „Der dritte Mann“. Dazu spielte er dessen Erkennungsmelodie auf dem Klavier. Seitdem beschlich Erik Bünger stets, wenn er diese Notenfolge hörte, das Gefühl, jemand würde ihn beobachten und verfolgen. Obwohl er damals den Film nicht kannte, bestimmte doch die Melodie sein Denken.
Das war für den schwedischen Künstler der Anlass, sich einmal tiefer gehend mit dem Wirken der Musik auf das Gehirn des Menschen zu beschäftigen. Wie Melodien Toten aus ihren Gräbern holen können, wie Töne Westernhelden zum Weinen bringen können, wie ABBA Songs in Kinderohren pflanzt, wie Liedgut die autoritäre Erziehungsbemühungen unterstützen kann und wie Töne Kinder vertreiben und Gebiete für Senioren reservieren können – all das führte Bünger versiert anhand von Filmausschnitten im Metropoliskino vor. Er steht dabei direkt neben der Leinwand. Er so angeleuchtet, dass auch sein Körper wie ein Schatten auf die Rückwand projiziert wird. Auch er operiert geschickt mit der Verknüpfung der rechten und linken Gehirnhälften. Er liefert Bilder mit dem passenden Musikanreizen und sorgt so für Gedankenwürmer, die er den Zuhörern einpflanzt. Wer wird sich jetzt noch ein Musikvideo rein zum Spaß und gänzlich unreflektiert ansehen können?
Birgit Schmalmack vom 12.10.12