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Marry Me in Bassiani, Kampnagel



https://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=17041:marry-me-in-bassiani-kampnagel-hamburg-zur-eroeffnung-des-internationalen-sommerfestivals-huldigen-la-horde-einem-hedonistisch-oppositionellen-georgischen-technoclub&catid=38:die-nachtkritik-k&Itemid=40

Schöner Widerstand

Die Zuschauer sind zu einer Hochzeit geladen. Die Gäste auf der Bühne haben sich schick gemacht und warten auf die Eröffnung durch das Hochzeitspaar. Doch während der Bräutigam schon einmal seiner zackigen Hochzeitstanz aufs Parkett legt, drückt sich die voll verhüllte Braut noch an der Brüstung unter den Säulen entlang. Erst als sie von diesem Mauervorsprung herab fällt, wird sie von der Hochzeitsgesellschaft aufgesogen und demonstrativ neben ihren Vater an der Brauttafel platziert. Nach freiwilliger Liebesheirat sieht das hier nicht aus.
Doch die Gesellschaft lässt sich davon nicht irritieren. Sie zelebriert nach traditionellem Muster die anstehenden Fierrituale. Die Tänze sind bestens einstudiert. Die Männer und Frauen agieren strikt in ihren Rollen.
Doch dann klettert die Braut auf die Reiterstaue am Rand und köpft den Reiter. Kurzerhand schneidet sie dem König Wachtang I den Kopf ab. Spätestens jetzt ahnt man, dass hier nicht alles nach vorgezeichnetem Plan laufen wird. Waren zuvor georgische Volksweisen zu hören, mischen sich jetzt Technobeats unter die traditionellen Rhythmen. Die Männer und Frauen rasen über die Bühne, schleifen sich gegenseitig auf die andere Seite oder schleichen in Zeitlupe von rechts nach Links. Alles scheint aus den Fugen. Die Tradition wird aufgebrochen und wird zur widerständigen Aktion.
Das französische Kollektiv "La Horde" (Marine Brutti, Jonathan Debrouwer und Arthur Harel) hat in ihrem neuesten Projekt zusammen mit dem georgischen Ensemble "Iveroni Group" versucht die Widerständigkeit der Kunst zu ergründen. Einerseits wurde in Georgien die Traditionspflege auch immer als Gegengewicht zur Vereinnahmung durch Russland gesehen. Und andererseits tanzten im Club Bassiani im Frühjahr 2018 zehntausende junger Menschen zu lauter Technomusik in der Hauptstadt für ihre Rechte.
Der Eröffnungsabend des diesjährigen Sommerfestivals war klug gewählt. Er versteht es, sowohl die mitreißende Sogwirkung der Musik und des Tanzes zur Geltung zu bringen und dennoch ein Stück Gesellschaftskritik mit einfließen zu lassen. So darf man sich ganz nach Geschmack entweder an den schnellen, perfekten Tanzschritten erfreuen oder sich vom mehrdeutigen Bedeutungsrahmen dieser Inszenierung anregen lassen.
Birgit Schmalmack vom 15.8.19

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