Sie sind hier: HH-Theater I-S Kampnagel

Monuments 0.1, Kampnagel

Valda Setterfield Foto: Ursula Kaufmann





Leise Erinnerungen
Zwei große Tänzer blicken auf ihr Tanzleben zurück und damit auf ein Stück amerikanischer Tanzgeschichte. Beider haben mit epochalen Modern-Dance-Größen wie Martha Graham und Merce Cunningham gearbeitet.
Nun stehen sie noch einmal zusammen auf der Bühne und dieses Mal bewegt nicht ihr Tanz sondern ihre Erzählungen. "Sie erinnert sich nicht genau", so beginnt Valda Setterfield in einem Dauerloop. Sie scheint in einer Erinnerungswiederholungsschleife festzustecken. Doch weit gefehlt, von Altersdemenz ist hier keine Rede, eher von der Wiederholung des immer Gleichen, die auch einem erfolgreichen Tänzer abverlangt wurde. Das bekam auch Gus Solomons Jr. sofort von Martha Graham vorgehalten, als sie ihn nach seinen Zielen fragte. Seine Antwort "Das Publikum Unterhalten" rief bei ihr nur ein Naserümpfen hervor. "Was dich erwartet, ist harte Arbeit!" Als einer der ersten schwarzen Tänzer in einer durchweg weißen Compagnie stach er stets heraus.
Beide reden nicht über das Altern, jedenfalls nicht direkt. Stattdessen erinnert sich Valda: "Ich dachte, als Tänzerin wüsste ich alles über meinen Körper, und dann kamen die Wehen."
Als die beiden Tänzer sich zum Schluss einen längeren Rollen-Battle liefern, wird die Vielfältigkeit ihrer künstlerischen Schaffens klar. "Ich war Berthold Brecht", sagt Valda. "Ich war Mephisto", entgegnet Gus. Gus zeigt eine kurze Schrittkombination. Dass sie nie diese "Schritte" vergessen werden, führen sie in ihrem Abgang durch den leise rieselnden Schnee vor.
Während Valda immer noch die große elegante Tanzdame mit dem weißen Haarschopf gibt, spielt Gus die selbstironische, witzige Karte aus. In seinem Puppenspiel nimmt er nicht nur John Gage, Cunningham und Graham sondern auch sich selbst aufs Korn. Nein, vergesslich sind diese beiden Alten nicht, in ihnen offenbart sich ein großer Erfahrungsschatz der modernen Tanzgeschichte. Es ist ein ruhiger, kleiner Abend geworden, den die Choreographin Eszter Salamon als Fortsetzung von Monuments 0 vom Sommerfestival 2014 eingerichtet hat. Der Tanz findet hier mit Worten und bestenfalls im Kopf der Zuschauer statt. Ansonsten ist man zwei sympathischen, lebenserfahrenen Menschen begegnet.
Birgit Schmalmack vom 26.8.16