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Familienbande
Eingesperrt in der Familiengruft
Eigentlich soll hier gleich eine harmonische Familienfeier starten. Doch der angemietete Raum gleicht einer Gruft. Die rundum geschlossene Holzvertäfelung bietet keinerlei Freiraum für Feierlaune. Stattdessen werden hier nun die Grabenkämpfe der lieben Familie ausgetragen. Keine der Generationen steht da zurück. Die junge ist so mit ihren eigenen Adoleszenzproblemen beschäftigt, dass sie keine Aufmerksamkeit für andere aufbringen kann. Die mittlere schiebt ihren Frust ihrer midlifecrisis vor sich her, denn die Bilanz zur Mitte ihres Lebens fällt düster aus; keiner der früheren Träume hat sich erfüllt. Die ältere bekommt zu spüren, dass sie nur gebraucht wird, um für die Fehler ihrer Kinder zu bezahlen und erkennt, dass das eine undankbare Aufgabe ist.
Nein, Harmonie, von der die Enkelin Nele träumt, ist bei dieser Geburtstagsfeier nicht zu erwarten. An den Kammerspielen wird in den „Familienbanden“ das Gezänk der verletzten Eitelkeiten aber mit Musik ausgetragen und wird damit erheblich vergnüglicher, zumindest für die Zuschauer. Die Inszenierung von Franz-Joseph Dieken scheut vor keinerlei Übertreibung zurück und treibt die klischierten Familientypen bis auf die klamaukige Spitze. Die Charaktere, die sich diesem verweigern und psychologisch nachvollziehbar bleiben, wirken am überzeugendsten, weil sie nicht nur auf Effekt gestrickt sind.
Jasmin Wagner überzeugt als hyperbrave Tochter, die nur zur Bestätigung der alleinerziehenden Über-Mutter da ist. Tim Grobe kann jede Rolle souverän meistern, auch die des Macho-Businessman, der seinen schwindenden Erfolg mit gesteigerten Arroganz kompensieren will. Alice Wittmer zeigt eine jugendliche Naive, die noch an Ideale glaubt, zumindest vor dieser Feier. Ben Knop gibt glaubhaft den pickeligen Außenseiter, der so gerne cool wäre und meint, ein Baseballcap und HipHop-Songs reichten schon dafür.
So bleibt das Resümee: Ein eindrucksvolles, sprechendes Bühnenbild, tolle Sänger, witzige Einfälle, aber zum Teil etwas zu wenig Gespür für die psychologisch Feinzeichnung.
Birgit Schmalmack vom 6.8.13