Yvonne die Burgunderprinzessin, Schauspielhaus

Yvonne, die Burgunderprinzessin © Matthias Baus

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Blick hinter die Fassade

Das Phänomen ist von den Weihnachtsfeiertagen bekannt: Wenn der Wille zur Harmonie übermächtig ist, wächst die Lust an der Provokation und am Streit. Und am Hofe ist ständig Weihnachten. Ständig lässt sich der Hofstaat es gut gehen und übt sich ansonsten nur im Lächeln für das Volk. Prinz Philipp (Mervan Ürkmez) hat genug von dieser Harmoniesoße. Das kleine hässliche Entlein aus der ersten Reihe mit dem langen grünen Rock, der dicken Brille und den weißen Botten will er zu seiner Braut nehmen. Aus purer Langeweile! Seine Eltern (Jakob Immervoll, Zora Fröhlich) bemühen sich um Fassung und versuchen gute Miene zu dieser Provokation zu machen. Schließlich muss man die Contenance wahren.
Nun sitzt dieser völlig unpassende Gast mitten zwischen all den schicken lächelnden Höflingen und Regenten und schweigt. Ob aus Unfähigkeit, aus Dummheit oder aus Berechnung, bleibt im Unklaren. Doch gerade das provoziert die Anderen. Während Yvonne ihre Geheimnisse behält, plaudern die anderen im Angesicht dieses Störenfrieds ihre aus. Sie entdecken ihre heimlichen Schwächen, Sünden und Gelüste. Alles bricht an die Oberfläche, was bisher unter der schönen Fassade gut verborgen wurde.
Die Fremde lässt die eigenen Fehler offenbar werden. Sie stellt schweigend die vorhandenen Regeln in Frage. Diese Störung muss weg. Es reifen Mordpläne, um die eigenen Schwächen nicht mehr sehen zu müssen. Eine symbolisch aufgeladenes Stück, das Regisseur Samuel Weiss aber ganz in seinem eigentlichen Setting belässt und nicht aktualisiert.
Er hat mit der Schauspielern der Theaterakademie aus dem Stück von Witold Gombrowicz eine tolle schnelle Farce inszeniert, die die Fassadenmenschen gekonnt demaskiert. Zum Schluss liegt das Halbrund des Salons offen da, die zahlreichen Türen sind zur Seite geklappt, der Hof liegt wie auf dem Präsentierteller. Die Eindringlin ist beseitigt, ihr toter Körper liegt zu Ansicht aller mitten im Salon, offen für jedermann, der sie sehen will.
Das Stück ist eine Fest für die Schauspieler, die gerade ihre Ausbildung abgeschlossen haben. Sie brillieren in ihren überdrehten Rollen. Ihre Talente kommen so hervorragend zur Geltung.
Birgit Schmalmack vom 25.10.16

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Abendblatt