The Gershwins' Porgy and Bess, Staatsoper
Oper mit viel Herz
Durch den transparenten Vorhang fallen Schlaglichter auf die einzelnen Personengruppen. Noch sind die Einblicke in ihr Leben in dem Viertel Catfish Row der Südstaaten-Stadt Charleston undeutlich. Doch dann geht der Vorhang hoch und erkennbar wird die Kulisse ihrer eng zusammenstehenden Holzhäuser rund um einen Innenhof, der mit einem Tor zum Hafen hin abgeschlossen ist. Hier lebt die kleine afroamerikanische Nachbarschaft in ihrer von Armut, harter Arbeit, Gottesfürchtigkeit, Spielfreudigkeit, Herzlichkeit und Zusammenhalt geprägter Gemeinschaft. Zu ihnen gehört auch Porgy, dessen Beine verkrüppelt sind und der daher nicht als Fischer oder Hafenarbeiter sein Geld verdienen kann. Der Kleinganove Crown kommt mit seiner leichtlebigen Freundin Bess gerne zum Spielen und Trinken vorbei. Bei einem Streit ersticht er einen der Arbeiter und wird verhaftet. Die schöne Bess sucht mangels Alternativen bei Porgy Unterschlupf. Doch eines Tages fordert Crown seine Frau zurück...
Doch es geht bei George Gershwins Oper nicht nur um diese spannungsträchtige Story sondern auch um die Schilderung des afroamerikanischen Gemeinschaftsleben. Gershwin studierte für diese Oper ihr Zusammenleben, ihre Musik und ihr religiöses Leben bei einem längeren Aufenthalt in Charleston. So mischt er für diese Oper nicht nur Klassik- mit Jazzelementen sondern fügt auch afroamerikanische Improvisationen, Rhythmen und Ausdrucksformen mit ein und kreiert eine neue Art der Opernmusik.
Das New York Harlem Theatre ist bestens dafür geeignet diese Anforderungen umzusetzen. Sie können nicht nur singen, tanzen und spielen sondern auch Emotionen erzeugen. Gershwin verfügte eine ausschließlich schwarze Besetzung der Rollen (außer des weißen Offizers). Das hervorragende Ensemble vermag ein realitätsnahes Lebensgefühl zu transportieren - was bei einer weltweiten Gastspieltournee mit immer dem gleichen Stück eine wirklich beeindruckende Leistung ist. Das mag auch daran liegen, dass trotz der beiden Hauptdarstellerrollen stets die Ensembleleistung im Mittelpunkt der Inszenierung von Baayork Lee steht. Selten sind zwei Sänger alleine auf die Bühne zu sehen, meist sind sie umgeben von ihren zahlreichen Nachbarn. Die beiden wohl bekannten Ohrwürmer dieser Oper "Summertime, the living is easy" und "I habe plenty of nothing" bleiben nicht nur hängen sondern symbolisieren auch die auf Gott vertrauende und das Leben bejahende Einstellung der Bewohner dieser kleinen Siedlung. Auch wenn das Leben noch so viele Schicksalsschläge bereit hält. Diese Gemeinschaft hat so viel Herz wie diese Oper, die ihnen gewidmet ist.
Birgit Schmalmack vom 23.8.16