Unter Verschluss, Theater Kontraste

Unter Verschluss Oliver Fantitsch





Machtverstrickungen

Die Journalistin (Katharina Abt) hat ein Exklusivinterview mit dem Präsidenten (Sebastian Herrmann) erhalten. Live darf sie ihn zu den neusten Gerüchten über ihn befragen. Er braucht diese Sendezeit, denn er steckt in einer Krise. Er sieht sich mit Missbrauchsvorwürfen mit einer Vierzehnjährigen konfrontiert. Doch er lässt die Journalistin warten. Sein Pressesprecher (Felix Lohrengel) kümmert sich derweil um die erfahrene Fernsehfrau, die über 25 Jahre Berufserfahrung verfügt. Zielsicher packt er die attraktive Frau an einer wunden Stelle. Der 35jährige bezichtigt sie der Anmache. In ihrer Abwehr gerät sie in eine Gefühlsaufruhr, die sie ins Schwitzen bringt. Ungünstig für ihre heikle Aufgabe.
Als der Präsident endlich kommt, steigert sich ihre Unsicherheit noch mehr, denn sie erfährt durch einen Anruf ihres Mannes, das ihre 15jährige Tochter wegen Drogenhandels verhaftet worden sei. Beide Männer sehen sofort die Chance die diese neue Lage für ihre Ziele bietet. Ein Deal wird möglich.
Wie der Autor Pere Riera in seiner intelligenten Dialogführung jedes Argument in ein Gegenargument, jeden Standpunkt in eine gegenteilige Ansicht verwandelt, ist kunstvoll und überraschend. Jede Sicherheit ist nur von kurzfristiger Dauer. Jedes Arrangement droht im nächsten Moment wieder durch einen neuen Winkelzug zu kippen. Die Machtinteressen jedes Einzelnen bestimmen die Handlungen, nicht etwa die Wahrheit oder die Moral.
Ein interessantes Stück, drei tolle Schauspieler, eine genaue Inszenierung von Harald Weiler und ein schlichtes aber wirkungsvolles Bühnenbild. Die wellenförmigen Wände bestehen aus halbtransparenten Vorhängen, die jederzeit das Abhören, das Überwachen und das plötzliche Auftauchen und Verschwinden möglich machen.
Birgit Schmalmack vom 24.3.16