Schiff Esperanza, Theater das Zimmer

Schiff Esperanza Theater das Zimmer


Europa zerfällt

Mitten im Schiffbauch sitzen die Zuschauer. Zwischen ihren Reihen sind die Schiffsplanken verlegt. Die Schiffbesatzung sitzt, steht und läuft zwischen ihnen hindurch. Die dunkeln Seiten des Theater das Zimmer werden so zum Schiffsrumpf, in dem die Zuschauer sich dem Geschehen ganz nah fühlen können. Sie werden so Teil einer sehr aktuellen Geschichte.
Fünf arme Schlucker machen sich als Flüchtlinge (Sandra Kiefer, Fridtjof Bundel) auf in ein neues Leben. Viel Geld haben sie den Schleppern des Schiffes Esperanza bezahlt. Sie ahnen nicht, dass man nicht an einer Küste sondern auf dem offenen Meer aussetzen wird. Als neuer Leichtmatrose heuert Axel Grove (Jan Holtappels) an, der in dem Kapitän seinen vor 13 Jahren verschollenen Vater (Helmut Gentsch) erkennt. Als Marineoffizier war er nach dem Kriegseinsatz nicht mehr wieder nach Hause gekommen. Nun hat er seine besten Zeiten längst hinter sich, ist der Kapitän auf einem alten abgewrackten Schiff und verdient sein Geld mit illegalen Schlepperdiensten. Als Axel die verbotene Fracht im Unterdeck entdeckt, ist er entsetzt und streitet mit seinem Vater um Ehre, Männlichkeit und Moral. Er will nur noch von Bord. Da sein Vater ihm das Abheuern verbieten, wählt er einen anderen Weg: Er schließt sich den Flüchtlingen an.
Lars Ceglecki hat das Stück in dem kleine Privattheater mit viel Sinn für Atmosphäre, Szenenfolge und Spannung inszeniert. Ein Lied zieht sich durch den Abend. Immer wieder stimmen die sechs "Es schwimmt eine schwarze Kiste" an. Ein rhythmisches Klopfen der Schiffsbesatzung macht zugleich das Eingeschlossensein, die Bedrohlichkeit und die Zwangsgemeinschaft deutlich. Die alle sehr präsenten Schauspieler (die weiteren: Stephan Arweiler, Ulf Albrecht) erzeugen einen dichten, intensiven Abend über eine leider wieder höchst aktuelle Thematik. Ein tolle Leistung für das kleine Zimmertheater in Horn.

Birgit Schmalmack vom 23.5.16