Homo Faber
Sehnsucht nach Turbinen
"Bin ich bereit zu leben oder zu sterben?" Hektisch läuft Walter Faber (Bruno Bachem) mit seiner Reiseschreibmaschine unter dem Arm zwischen den Wartezimmerstühlen auf der Bühne herum. Er ist ein Techniker, der die Welt nach beweisbaren Wahrscheinlichkeiten und Unwahrscheinlichkeiten einteilt. Alles nicht Berechenbare hält er für typisch weiblich und damit in seiner Welt für überflüssig.
Schnelle Celloklänge treiben ihn durch die Ereignisse nach seinem Flugzeugabsturz im Urwald von Venezuela. Er lernt eine junge Frau (Sabine Roßberg) kennen, in die er sich verliebt. Dass sie ihn an seine erste und einzige Liebe Hanna (Sabine Weitzel) erinnert, mag ein Auslöser sein. Wenn beide Frauen auf der Bühne leichtfüßig im kurzen Sommerröckchen Softballtennis spielen, bringt das eine Leichtigkeit in sein Leben, die ihm in seiner logisch technischen Welt abhanden gekommen ist.
Doch Elsbeth wird von einer Schlange gebissen. Im Krankenhaus trifft Walter auf ihre Mutter, es ist seine alte Liebe Hanna. "Was hast du gehabt mit dem Kind?", ist die immer wiederkehrende Frage der Archäologin. Sie wirft ihm vor blind zu sein. Er verstünde das Leben nicht, weil er den Verlust in seinem Leben nicht zulassen würde. Die Zeit könne der Mensch nicht rückgängig machen.
Walter hat eher Sehnsucht nach Turbinen. Sie sind berechenbar, die Gefühle seiner Mitmenschen nicht. Diese machen ihm Angst. Hanna ist in ihrer Analyse gnadenlos: Die Liaison mit der Tochter würde Walter nur das Illusion geben, der Vergänglichkeit zu entkommen. Doch auch das gelingt nicht: Elsbeth stirbt.
Mit sicheren Gespür für Timing, Zwischentöne, Bilder, Dialoge und das Wesentliche hat Alice Asper eine tolle Inszenierung des Romans von Max Frisch mit hervorragend ausgesuchten Schauspielern auf die Bühne des Theaters in der Basilika gebracht. Absolut sehenswert.
Birgit Schmalmack vom 5.7.11
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