Made in Paradise

"Made in Paradise" von Yan Duyvendak, Omar Ghayatt by Nicolas Spühler



Ehrliche Begegnungen

Der letzte Programmpunkt der diesjährigen zweiwöchigen Lessingtage war zugleich ihr Höhepunkt: „Made in Paradise“ von Yan Duyvendak, Omar Ghayatt und Nicole Borgeat führte exemplarisch vor, wie Blicke über den kulturellen Tellerrand zu einem Mehrgewinn an Erkenntnissen führen kann. In ihren fünf Fragmenten, die sich das jeweilige Publikum des Abends aus einem Angebot von zwölf Szenen in offener Wahl aussuchen kann, legen sie gängige Vorurteile bloß, zeigen Möglichkeiten der Begegnung, geben Einblicke in andere Lebenswelten, spiegeln eigene und Klischees der Zuschauer und plädieren unaufgeregt für Toleranz und Respekt. Immer gehen sie dabei von ihrer eigenen Begegnung zwischen einem atheistischen, homosexuellen Europäer und einem muslimischen, gläubigen Ägypter aus.
So entstand ein lebendes, sich weiter entwickelndes Mosaik aus „Fragmenten“, die stetig fortgeschrieben werden. In „Bumm“ wurde dem Zuschauerkreis 10 Minuten Raum gegeben, um von ihren Kenntnisse über den Islam zu sprechen. Zögerlich entstand in Hamburg ein vorsichtiges Herantasten an Wissensplitter, die betont höflich formuliert wurden. In „Gedankenkarte“ formulierte Yan Omars und Omar Yans vermeintliche Gedanken zu so brisanten Themen wie Gott, Umwelt, Familie oder Homosexualität aus. Unkommentiert von jeweils anderen blieben sie im Raume stehen. Verbunden durch eine bunte Teppichbahn, schilderten beide Performer in „Der Moment“ ihre Erinnerungen an den 9.11. Omar erzählte dabei von Jubelfeiern in Ägypten. Betreten hörte das Publikum zu. Erst ganz am Schluss ertappte er es: „Habt ihr mir etwa geglaubt?“
In „Das geheime Sexleben von Omar“ erzählte er von seinen ersten Begegnungen mit dem weiblichen Geschlecht in einer streng segregierten Welt. „Auf der anderen Seite“ ließ die Männer eine Freitagspredigt hören und gab den Frauen die Möglichkeit sich und die anderen weiblichen Zuschauerinnen in Burkas zu erleben. 50 schwarze Umhänge verwandelten alle Frauen in gesichtlose, alterslose, unförmige, schwarze Gestalten.
Diese Einladung in eine fremde Kultur mündete auf dem Boden sitzend bei heißem Pfefferminztee in einen angeregten Austausch der Meinungen.
Birgit Schmalmack vom 6.2.12