Die Nöte der Frauen
Die Männer seien das größte Problem der Frauen. Wenn letztere das Verliebtsein nicht zeitweise um ihre klare Urteilsfähigkeit bringen würde, wären die Menschen schon lange ausgestorben. Wie tragisch sind diese Fehleinschätzungen erst, wenn die Frauen sich in der heutigen Zeit ebenso wie die Männer mit der ständigen Illusion der Wahlfreiheit und damit Optimierung ihren Partner herumschlagen müssen und diese auch noch stets auf Internetmärkten wie Parship überprüfen können? Mit diesen Problemlagen haben sich Birgit, Natalie und Julia herumzuschlagen. Dabei haben die drei Freundinnen jede ihre ganz spezifische Art gefunden damit umzugehen, wie sie bei einem Treffen in einer Mutter-Kind-Bar mit Sandkiste inmitten in der Sofalandschaft sich erneut bestätigen. Natalie hat wieder einen neuen heißen Lover, Julia hat dagegen ihr Babyfon mitgebracht, um auch jetzt Kontakt mit ihrem Vierjährigen zu halten, Birgit hält trotz Fremdgehens an ihrem Mann und ihrer Ehe fest. Während Natalie an die Leidenschaft glaubt, schwört Julia auf die Treue und Birgit pragmatisch ans Verzeihen. Mit viel Wortwitz lässt Autorin Idiko von Kürthy die Dialoge der drei Frauen über die Bühne fetzen. Pointen sind dabei mindestens genau so wichtig wie ihr Inhalt. Für einen derben Spruch pfeift sie mit ihren drei Protagonistinnen auf den vermeintlich guten Geschmack. In einer Mischung aus "Sex in the city" auf der Mittelstandsebene und "Shdes of Grey" für Anfänger heizt sie dem Publikum des Ernst Deutsch Theaters mit ihrem ersten Theaterstück kräftig ein. Ihm gefällt's. Die Lacherquote ist hoch. Die Mienen sind erfreut, belustigt amüsiert und stolz, dass sich keinerlei Empörung einstellt. Die drei Darstellerinnen machen ihre Sache gut; einen Monat nach der Premiere sind sie prächtig eingespielt. Besonders Anke Fiedler scheint sich in ihrer Rolle des blonden Vamps sehr wohl zu fühlen. Caroline Kiesewetter spielt die brave Ehefrau und Mutter ohne mit der Wimper zu zucken, was angesichts der plötzlichen Wendung am Schluss eine beachtliche Leistung ist. Das ehemalige "Blümchen" Jasmin Wegner muss die dröge pragmatische Juristin geben, eine etwas undankbarere Rolle. Lebensweisheiten bekommt man an diesem Abend viele mit dazu. Zum Beispiel, dass Liebe und Leidenschaft unvereinbare Wünsche an eine Partnerschaft sind. Auch der Anspruch an Frauen, gleichzeitig Geliebte, Ehefrau, Mutter und Arbeitnehmerin zu sein, sei so, als würde man eine vierköpfige Famile mit einem Topflappen zudecken zu wollen. Unweigerlich käme die Zeit, wo die Frauen anstelle des Kondoms einen Schnuller in der Handtasche mit sich führen. Das ist ein nicht übermäßig anspruchsvolles, aber sehr unterhaltsames Witzniveau. So geht es durch die zwei Stunden Aufführungsdauer. Mit den plötzlichen Kehrtwendungen, die Kürthy in den zweiten Teil eingebaut hat, überreizt sie das Maß an nötigen Überraschungen ein wenig und schmälert zudem leider auch die Glaubwürdigkeit ihrer Charaktere. Birgit Schmalmack vom 21.4.16
|
|
|