|
|
|
|
| Die Perser |
|
|
Zur Kritik von
|
|
Die Perser, Deutsches Theater
|
Konfrontation mit dem Nichtverstehen
Eine Wand steht zwischen den beiden Männern (Wolfram Koch, Samuel Finzi). Ihre Perspektive und ihr Blick auf den Anderen sind begrenzt. In dem Moment aber, wo sie hinter der Wand vortreten, wird klar, wie ähnlich sie sich sind. Zwei Männer in schwarzer Hose, weißem Hemd und einer Krawatte stehen nun nebeneinander. Wie zwei Gäste, die sich auf einer Party begegnen, aber nicht dieselbe Sprache sprechen, retten sie sich in pantonmimische Lockerheit, um die Peinlichkeit der Situation zu überspielen. Unsicher grinsen sie sich an, stoßen unverständliche Worte aus, lachen laut auf und schütteln sich vor vermeintlicher Begeisterung. Dann gibt der eine der Wand zwischen ihnen einen Schubs. Zuerst stört nur die nun fehlende Ordnung, die wieder gerade gerückt werden muss. Doch dann wird der Stoß stärker. Die Wand nimmt Fahrt auf, sie drückt den anderen weg, trennt bald Sieger und Besiegte. Doch schnell kann sich das Blatt wenden. Der vorher Weggedrückte setzt aus dem Hinterhalt zum neuen Angriff an und schon wird aus dem Sieg eine Niederlage. So unterhaltsam und clownesk lässt Dimiter Gotscheff „Die Perser“ von Aischylos anfangen. Was ganz ohne Worte und dennoch leicht verständlich beginnt, mündet anschließend jedoch in eine Wortkaskade, in denen die einzelnen Worte wie Kanonenschüsse auf die Zuschauer abgeschossen werden. Margit Bendokat formt keine Sätze, die Verständnis erzeugen sollen, sondern eine Wand aus Wörtern, die das Unfassbare der Ereignisse demonstrieren soll. Vom Chor der Perser ist nur noch sie alleine übrig geblieben. Ganz allein steht sie vor der Mauer. Zu berichten hat sie von einer entsetzlichen Niederlage, die dem großen Perserreich zugefügt worden ist. Der Königssohn Xerxes hat den Angriff gegen die Griechen gewagt und ist trotz der großen zahlenmäßigen persischen Überlegenheit geschlagen worden. Sein waghalsiger Übermut hat ein Meer von Leichen zurückgelassen. Noch ahnt Atossa (Almut Zilcher), die Mutter des Xerxes, nichts von dem Unglück. Noch darf sie sich in Sicherheit wiegen. Nachdem die doppelten Boten (Koch und Finzi) mit paralleler Mimik, Gestik und Intonation vom Grauen, das Xerxes den Persern zugefügt hat, Zeugnis abgelegt haben, kann Atossa ihr Erkennen nicht mehr aufhalten. Gotscheff gesteht ihr im Gegensatz zu Bendokat Emotionen zu. Sie darf ihrer Wut, ihrem Gram, ihren Schuldgefühlen und ihrer Scham Ausdruck verleihen. Ohne ihre hochhakigen Pumps stampft sie barfüßig auf den Boden. Danach kehrt der tote König, Atossas Gatte, noch einmal aus dem Totenreich zurück, der seinen Sohn des Hochmuts anklagt. Zum Schluss tritt Xerxes als Geschlagener und Schuldiger mit bloßem Oberköper, vor dem nur noch eine Krawatte baumelt, auf und beklagt sein Schicksal. Gotscheff hat sich für die Übersetzung von Heiner Müller nach einer Übertragung von Peter Witzmann entschieden, die darauf verzichtet den Originaltext in die Gegenwart zu holen. Er konfrontiert das Publikum mit einer Wand aus Sprache. Sie soll die Distanz zwischen Zuhörer und Sprecher nicht aufheben sondern deutlich machen. So wurde die zweite Aufführung im Rahmen des Hamburger Theaterfestivals zu einem fordernden Theaterabend, der dank der hervorragenden Schauspieler für den funktionierte, der diese Anstrengung nicht scheute. Birgit Schmalmack vom 13.10.14
|
Die Verwandlung Die schmutzigen Hände, DT
|
Druckbare Version
|
|
|