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Zur Kritik von

Abendblatt 
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WIE NEU!

Viel Arbeit für die Helden der Reparatur

Für Reparateure gelten andere 10 Gebote: Du sollst nur Dinge besitzen, die du reparieren kannst. Du sollst dein Werkzeug an seinen Platz zurücklegen – immer! Du sollst nichts zerstören, um etwas anderes zu reparieren!
Wenn der Mensch sich mit seinen Besitztümern beschäftigt, weil sie altersschwach ihre Dienste eingestellt haben, gibt er ihnen einen neuen Wert. Ob er sie dabei wieder herstellen kann, ist zweitrangig. Er widmet ihren inneren Zusammenhängen Zeit und Aufmerksamkeit und stellt sich einer Ex-und-Hopp-Kultur in den Weg.
Das machen die drei Reparateure in einer leerstehenden Fabrik in Bahrenfeld. Sie stellen sich gegen den Trend der Wegwerfmentatlität und bieten den Zuschauern ihre Dienste an. Doch deren Hoffnung, dass sie ihre mitgebrachten kaputten Dinge am Ende einfach repariert wieder mit nach Hause nehmen dürfen, erweist sich als Irrtum. Die Drei wollen vielmehr die Zuschauer anregen, sich ihren reparaturbedürftigen Gegenstände liebevoll und aufmerksam selbsttätig zu widmen.
Im Leben gibt es so viel zu reparieren: Vater-Sohn-Beziehungen zum Beispiel. Das erweist sich, wie das Spiel zwischen besserwisserischem Vater (Joachim Kappl ) und sensiblem Sohn (Joscha Henningsen) zeigt, als noch schwieriger als den defekten Rasenmäher wieder in Gang zu bringen. Auch der menschliche Körper wird immer mehr zum Ersatzteillager, wie die fiktiven, pseudo-biographischen Erzählungen von Samantha Hanses demonstrieren. Nicht nur im Knie, im Ellbogen und in der Wirbelsäule befänden sich bereits künstliche Ersatzteile, sondern auch ihr Gesicht gäbe es bereits in der vierten Ausgabe!
„Stellen Sie sich vor, es gäbe eine Gesellschaft, in der Reparieren unter Strafe gestellt würde“, fordert Joachim Kappl auf. Als er diese Welt schildert, kommt sie einem seltsam vertraut vor. So weit sind wir von einer Gesellschaft, die sich im Dauer-Konsum nagelneuer Produkte suhlt, nicht entfernt.
„Was geht denn hier vor?“ Der Hausmeister (Frank Dudden) platzt herein. Damit er sicher gehen kann, dass alle Zuschauer pünktlich zum Abschließen des Tores um 22 Uhr das Gelände verlassen, nimmt er sie mit auf seine Runde durch die alte Kolbenfabrikhalle. Ein eindrucksvolles Gebäude mit einer wechselvollen Industriegeschichte! Hier haben die „Helden der Reparatur“ ihren letzten Auftritt. Ihre Botschaft, die sie den Zuschauern mit auf den Heimweg geben, ist pessimistisch und optimistisch zugleich: „Die Welt ist nicht kaputt, denn sie war nie heil!“ Auch im Großen geht es also nicht um das Ergebnis sondern um den Prozess.
Der tiefgründige Text von Frank Dudden und Marc von Henning hätte noch größere Wirkung erzielen können, wenn ihn die Regisseurin Susanne Reifenrath weniger statisch in Szene gesetzt hätte. Etwas mehr Spiel mit der tollen Location hätte die Intensität des Abends noch gesteigert.
Birgit Schmalmack vom 19.6.12




 

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