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Zur Kritik von |
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Amerika, Deutsches Theater |
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Die Zeit, als ich noch Fragen zu stellen wagte
Das war die Zeit, als ich noch Fragen zu stellen wagte, als ich noch Antworten erwartete, wundert sich Karl Rossmann rückblickend. Der Traum von dem Amerika, in dem alles erreichbar schien, ist da schon ausgeträumt. Dabei fing alles so vielversprechend an. Am Pier von New York empfängt ihn sein reicher Onkel (Ulrich Matthes), von dessen Existenz er bisher nichts ahnte. Doch dieser Onkel ist ein Mann von Prinzipien. Als Karl gleich darauf eine Einladung eines Freundes der Familie zu einem Besuch auf dem Land annimmt, hat er damit unwissentlich die Trennung auf immer besiegelt, nicht nur vom Onkel sondern auch von der Aussicht auf Geld und Karriere. Danach ist er als 16-jähiger Junge ganz auf sich alleine gestellt und trifft nur noch auf Menschen, die ihn herumstoßen, ausnutzen und aussaugen wollen. Ob die zwei Landstreicher (Edgar Eckert und Frank Seppeler), die es nur auf den Inhalt seines Koffers abgesehen haben, ob die Oberköchin (Regine Zimmermann), die ihm eine Stelle als Liftboy vermittelt, aber eigentlich nur scharf auf ihn ist, ob die dicke Lady, die sich ihn als allzeit bereiten Diener halten will. Karl wollte nur zu gerne den Versprechungen der Angebote glauben, immer aufs Neue ließ er auf die Hoffnungen ein, die dieses Amerika ihm offerierte. Doch er befindet sich ganz unten in der Fresskette, mitten zwischen all den anderen Glückssuchern, die sich im Land der unbegrenzten Möglichkeiten tummeln, aber schon um etlichen Enttäuschungen weiter sind und die damit im Recht glauben, ihn unter sich selbst zu wissen und dort auch zu halten. Karl gerät aus Gutmütigkeit, Unwissenheit und Unschuld immer weiter in die Abwärtsspirale. Nackt bis auf die Unterhose steht er bald da, nichts ist ihm mehr geblieben. Dem schmalen, schlaksigen Marcel Kohler als Karl ist die Grünschnäbeligkeit jederzeit anzusehen. Ulrich Matthes brilliert in jeder Rolle, ob als Onkel, Oberkellner und Personalchef gibt er den Dialogen eine Tiefe, die über das Gesagte hinausweisen. Die Bühne ist in Parkett-Quadrate aufgeteilt. Sie bilden zunächst einen kleinen Quader-Raum. Doch nach und nach fällt eine Wand nach der anderen, bis zum Schluss nur noch eine flache Ebene übrig ist. Erst als alle getäfelten Fassaden herabgestürzt sind, alle Chancen auf eine aussichtsreiche Zukunft zusammengebrochen sind, öffnet sich der Raum für das überraschende Finale. Dann verspricht Ulrich Matthes im goldenen Kleid und mit weißer Afromähne verführend: „Das Theater Oklahoma ist offen für alle!“ Seine Mitspieler tragen goldene Kostüme, machen tolle Musik und sind ausgesprochen freundlich. Wer könnte da widerstehen? Dass Matthes „Suicide is painless, it will change everything“ singt, deutet daraufhin, wohin Karl dieser Weg führen könnte. Regisseur Dušan David Pařízek verzichtet auf das surreale Ambiente, das Kafkas Werk sonst stets umgibt. Er erzählt Kafka mit einem ungewohnten Realismus wie eine gescheiterte Aufstiegsgeschichte. Die Spannung, die sich bei Kafka-Texten aus dem unausweichlichen Gefangensein, dem hilflosen Ausgeliefertsein, aber auch dem Schweben zwischen Realen und Irrealen ergibt, nutzt Pařízek nicht. Das ist ungewohnt, könnte aber Raum für neue interessante Aspekte bieten. Doch Pařízek ist leider bis auf das Finale nicht genügend eingefallen, um die Spannungslücken anderweitig zu füllen. Birgit Schmalmack vom 28.10.17
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Druckbare Version
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Das Mädchen mit dem Fingerhut, DT Eine Familie, Berliner Ensemble
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