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Zur Kritik von |
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Eine Familie, Berliner Ensemble |
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Diese Irrenanstalt ist meine Familie
Was es nur ein freudscher Versprecher, als der Onkel in seiner Ansprache anlässlich des Begräbnisses des Vaters die Gemeinschaft dieser Familie beschwor und dabei das Wort Gemein-sein statt Gemein-schaft benutzte? Denn diese Familienaufstellung in Tracy Letts Stück „Eine Familie“ erinnert weniger an Tschechows "Drei Schwestern" als vielmehr an Tennesse Williams „Katze auf dem heißen Blechdach“. Statt gepflegter Langeweile jagt hier eine Boshaftigkeit die nächste. Die Familienmitglieder sind gefangen in ihren gegenseitigen Verletzungen. Das Ehepaar, von dem der Mann trinkt und die Frau Tabletten schluckt, lebt im heißen Nichts der USA, in der Prärie, die die Amerikaner einst den Ureinwohnern abgeluchst haben. Von ihren drei Töchtern ist nur eine in der Gegend geblieben, die beiden anderen haben schnell das Weite gesucht. Doch anlässlich des Verschwindens des Vaters sind sie alle zurückgekommen. Die Gelegenheit für die verbitterte Mutter endlich die große Rechnung aufzumachen. Keiner ihrer Töchter noch deren Anhang ist vor ihren spitzen Beleidigungen sicher. Die älteste ist nicht wie erwartet Schriftstellerin wie der Vater geworden und wird zu allem Überfluss jetzt auch noch von ihrem Mann wegen einer Jüngeren verlassen. Die Mittlere hat immer noch keinen Mann gefunden und sich jetzt ausgerechnet in den arbeitslosen Cousin verguckt. Die Jüngste hat sich einen reichen älteren Geschäftsmann geangelt, den sie für ihren großes Glück hält, der sich aber noch während des Besuchs an ihre 14-jährige Nichte heranmacht. Genug Stoff also für die zynische, sarkastische Mutter, die ihre eigenen Verletzungen in ihrer Kindheit nur auf diese Weise kompensieren kann. „Ich bin die Stärkste“, ist sie dennoch überzeugt. Auch noch am Schluss, nachdem sie alle aus dem Haus vertrieben hat und zitternd vor ihrer Tablettenschachtel sitzt, sagt sie diesen Satz. Der Text von Tracy Letts zeichnet sich dadurch aus, dass er für jede Person eine eigene Sprache benutzt. Während sich die Dozenten und Professoren unter ihnen einer Bildungssprache bedienen, um sich ihrer Überlegenheit zu vergewissern, reichern die anderen ihre einfachere Sprache immer wieder mit Emotionalitäten und derben Ausdrücken an. Die die Gebildeteren natürlich ebenso parieren können! Der Kampf zwischen der Mutter und ihren Töchtern, speziell mit der Ältesten, in der sie eine ebenbürtige Gegnerin gefunden hat, ist hoch spannendes Kommunikationstheater, wenn es von so exzellenten Schauspielerinnen wie Constanze Becker und Corinne Kirchhoff gegeben wird. Jeder Unterton sitzt hier, jede Bewegung spricht Bände über die innere Verfassung der Frauen. Oliver Reese hat damit ein Stück an das Berliner Ensemble geholt, das noch aus seiner Frankfurter Zeit stammt und die Richtung seiner neuer Intendanz in Berlin erkennen lässt. Kein spektakuläres Regie-Theater sondern Schauspieler-Theater, das Geschichten spannend erzählt. Birgit Schmalmack vom 28.10.17
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Amerika, Deutsches Theater Lenin, Schaubühne
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