Pop! Andy Warhol&The Velvet Underground, etb
Wie wird Pop zu Kultur? Dieser Frage geht Günther Grosser, der Regisseur und künstlerische Leiter des English Theatres auch im dritten Teils seiner Recherche-Serie nach. Dieses Mal will er mit seinem Team ergründen, wie ein Pop-Künstler mit seinen an Werbegrafiken erinnernden Siebdrucken zu einem der Bestseller des internationalen Kunstmarktes werden konnte. Nicht die Figur des Andy Warhols steht im Mittelpunkt dieses multimedialen Abends, sondern sein künstlerisches Schaffen als Lebenskonzept. (Photo by Stefania Migliorati)
Gittersee, BE
Rebentisch ist eine intelligente Umsetzung des Romans von Charlotte Gneuß gelungen. Sie lebt von der grandiosen Verkörperung der Karin durch Amelie Willberg, die ihre Rolle genau an der Nahtstelle zwischen Verwunderung, Verunsicherung, Verletzung, Aufbegehren und Selbstbestimmung ansiedelt. Eine beeindruckende Leistung, die das Verstehen ihrer Haltung ohne Vorverurteilungen ermöglicht. (© Moritz Haase)
Das Dinner, DT
Sehr leicht könnte man sie fast übersehen, die aufrüttelnde Botschaft dieses Stückes im Deutschen Theater, kommt es doch im Stile einer Yasmina Reza-Aufführung daher. Eine Ausgangslage wie bei der an zahlreichen Bühnen des Landes gespielten Autorin: Zwei bildungsbürgerliche Ehepaare treffen sich. Es geht um das Verhalten ihrer Söhne. Nach kurzer Zeit fängt die Firnis ihrer gutbürgerlichen Fassade an zu bröckeln, bis zum Schluss nichts mehr davon übrig sein wird. (Foto: Thomas Aurin)

It’s Britney, Bitch!, BE
Das klingt nach einem echten Glücksrezept, das die Bühnen-Britney hier von sich gibt. Die Pop-Ikone der späten 1990-er Jahre, die das Leben vieler Jugendlicher prägte, hatte schon als Teenager große Karriere gemacht. Sie performte auf der Bühne ein weibliches Ideal, von dem die Frauen wünschten, es selbst zu erfüllen, und die Männer, so eine Frau zur Freundin zu haben. Ihre Bühnenshows waren ungewöhnlich sexy und freizügig. Unterwarf sie sich damit einem Objektideal oder emanzipierte Sie sich gerade nach eigenen Wünschen davon? Das waren damals noch etwas unübliche Fragen, die sich aber Sina Martens und Lena Brasch in ihrer Arbeit „It’s Britney, bitch!“ stellen- mit einem Blick aus der Gegenwart auf die Vergangenheit. (© JR Berliner Ensemble)

Faustus :: 1550 San Remo Drive, Berliner Ensemble
Durch die VR-Brillen, die die Zuschauer:innen sich immer wieder aufsetzen sollen, werden die Perspektiven gewechselt. Sitzen wir zunächst noch auf unseren Plätzen im Rang, so befinden wir uns bald im Körper von Thomas Mann, blicken in die Runde seiner Familienmitglieder, in die Augen seiner Kritiker oder liegen direkt selbst im Laufstall. Zum Schluss sind wir tot. Wir blicken auf unsere bzw. die nackten Füße des gerade verstorbenen Manns. (Foto: Jörg Brüggemann)

Weost, Lichthof
Herausfordernd ist die Situation, die sich für die Zuschauer:innen ergibt. Sie fangen an, sich ein wenig verloren zu fühlen. Was ist hier ihre Rolle? Das ist natürlich beabsichtigt. Denn es gilt, Neuland zu erobern. Eine Veränderung zu durchstehen, sich mit Neuem zu beschäftigen. So wie es so viele erleben mussten, nachdem die Mauer 1989 gefallen war. Natürlich galt das nur für diejenigen, die bis dahin auf dem Gebiet der ehemaligen DDR gewohnt hatten. Für diese Bürger:innen änderte sich auf einen Schlag alles, für die Westdeutschen blieb dagegen alles gleich. Wie geht es nun einer so jungen Generation, die keinerlei biographische Erfahrungen mehr gehabt hat. Gibt es für sie überhaupt noch die Unterscheide zwischen Ost und West? Das ist die Ausgangsfrage, die das Team um Kirsten Bremehr, Anne Reiter, Anne Pretzsch und Robin Plenio in ihrer Arbeit „Weost“, die sie zusammen mit neun Jugendlichen aus Erfurt, Berlin und Hamburg einzukreisen versuchten. (Foto: Sophia Krause)

Wargames, Kampnagel
Nie wieder, so heißt es gerne in Reden an Gedenktagen. „Nie wieder“, so steht es auch auf dem Rollrasen in der K1, aus dem hin und wieder Explosionen hochgehen. Und dennoch ist die Menschheit gefangen in einem Kreislauf der Gewalt und Gegengewalt. Warum Krieg als gesellschaftliches Muster so wirkmächtig ist, dieser Frage gehen Skart & the Masters of the Universe in ihrer neuen Arbeit War Games nach. Und zwar, wie der Name es schon verrät, auf spielerische Weise. In vielen einzelnen Bildern beleuchten sie die verschiedenen Seiten des Krieges zwischen „Reue, Vergessen, Macht und Exzess“. Dann beginnt der Kreislauf wieder von vorne.

Kiezstürmer 2025, St. Pauli Theater
Das Buch der Bücher? Welches könnte das sein? Für das bieder zurechtgemachte Ehepaar in Anzug, Blümchenkleid zu Perlenkette ist es klar die Bibel. Für den Jorgen in T-Shirt und Laminatweste selbstverständlich der IKEA-Katalog. Und für die drei Herren in ihren schwarzen Anzügen und den Quadrathüten kommt dafür nur das Telefonbuch für Hamburg in Frage. Wie sich nun alle Vertreter:innen ihrer jeweiliges Buches zwischen den drei verschiebbaren Raumecken mit insgesamt sechs Türen die Show streitig machen, ist ein Hochgenuss der Theaterkunst.

Der Ursprung der Welt
So vergnüglich hat man selten etwas über die Vulva und weibliche Sexualität gelernt. Die beiden Performerinnen glänzen in ihrer Comedy-Lecture-Performance. Somit treffen die Regisseurinnen Meike Krämer und Amelie Möller vom Kollektiv frau emma gelb genau den witzigen unterhaltsamen und dennoch informativen Stil der Vorlage für diesen Abend: Graphic Novel von Liv Strömquist. Ein toller Eröffnungsabend für das neue Monsuntheater in der Billrothstraße.(Foto: G2 Baraniak)

Eden Cinema, DSH
Die vier Schauspieler:innen schaffen es unter der Regie von Moritz Rux , die Dringlichkeit, die aus der Verzweiflung erwächst, hautnah zu vermitteln. Das Publikum wohnt einem Schauspiel bei, das so hoffnungslos rückwärtsgewandt ist, dass es einen erschauert. Selbst die Ideen, die sie entwickeln, bewegen sich nie aus den gewohnten Denkmustern heraus, sie beziehen sich stets nur auf das Gewohnte, das Bekannte, obwohl es bisher stets gescheitert ist. Das wirkt über die Maße deprimierend. Das Stück ist so düster wie das Bühnenbild. Dass man es dennoch nicht einfach abtun kann, liegt an dem eindringlichen und berührenden Spiel der Darsteller:innen. Alle kämpfen mit aller Kraft für ihr Lebensglück und man weiß dennoch von Beginn an - völlig vergeblich.

Zwischenräume, Sprechwerk
Dieser Abend zeigte nicht nur drei sehr unterschiedliche Choreographie-Handschriften sondern auch exzellente Tänzer:innen auf der Bühne. Der Initiative von Revazov ist es zu verdanken, dass sich das Hamburger Publikum an ihnen und ihrer Kunst erfreuen können. (Foto: Christina Gotz)