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Egal, Schauspielhaus

Unterhaltung mit Zwischentönen


Eigentlich wollten sie die gesellschaftlichen Vorreiter sein. Sie wollten ein neues gelichberechtigtes Beziehungsmodell umsetzen. Beide wollten sich zu gleichen Teilen um die Kinder und um ihre Karriere kümmern. Doch irgendwie sind sie an einem Punkt stecken geblieben bzw. falsch abgebogen.

Nun kommt die Frau von einer Geschäftsreise wieder, während der Mann ihr zu Hause den Rücken freigehalten hat. Missverständnisse häufen sich auf Missverständnisse. Schon sind sie statt in einem netten Abend des Wiedersehens mitten in den Wespennestern ihrer zahlreichen Beziehungskonflikte gelandet. Das mag auch daran liegen, dass die Karriere des Mannes ein wenig ins Stocken geraten ist, während die Frau vermeintlich Erfolg hat. Dass sie aber hauptsächlich am Jammern über die Zumutungen ihres Chefs ist, lässt ihn an seinen bisher so klaglos erbrachten Opfern zweifeln.

Wenn beide ihre Positionen klargemacht haben, wechseln sie unversehens die Rollen. Dann schlüpft er in die Rolle des Geschäftsmannes und sie ist die Mutter im Homeoffice. So verändert Autor Marius von Mayenburg sekundenschnell die Perspektive auf die Geschlechter und entlarvt messerscharf Stereotype. Nichts was auf der Bühne gesagt wird, ist wirklich neu, aber gekonnt auf den Punkt zugespitzt. Wenn zwei schauspielerische Könner wie Caroline Peters und Michael Wächter dieses Paar geben, spielen sie so unaufgeregt und beiläufig die Botschaften zwischen dem Gesagten mit, dass dieses Gastspiel des Wiener Burgtheaters viel Unterhaltungswert mit Tiefgang bewies. Das ist ohne Zweifel ein Well-made-play, dass dann auch unter der Regie von Thomas Jonigk punktgenau in Szene gesetzt wurde. Die Klipp-Klapp-Bühne mit den drehbaren Türelementen ironisierte nebenbei sehr schön ein gängiges Boulevardelement, das aber durch die schlichte weiß-blaue Ausstattung mit ein bisschen hingestreutem Kinderspielzeug und Haushaltgegenständen wieder in die Hipsterwelt des Großstadtpärchens zurückgeholt wurde. Ein schöner Theaterabend, den Festival-Intendant Nicolas Bösch ganz nach dem Geschmack des voll besetzten Schauspielhauses nach Hamburg geholt hatte.

Birgit Schmalmack vom 7.7.25

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