Poussières de Sang
Poussières de Sang
Eröffnet wurde das Festival „Tanz im August“ am Freitag im Haus der Berliner Festspiele von Choreografen aus Afrika – „Poussières de Sang“ (Blutstaub) von der Compagnie Salia nï Seydou aus Burkina Faso ist nicht nur ein politisches Statement, sondern auch eine ausgefeilte Arbeit. Salia Sanou und Seydou Boro zeigen, wie die Gewalt sich in die Körper einschreibt. Auslöser waren bewaffnete Unruhen in der Hauptstadt Ouagadougou. Die Kämpfe überschatteten die Eröffnung des Tanzzentrums von Salia nï Seydou im Dezember 2007. Doch Sanou und Boro reflektieren die alltägliche Erfahrung Gewalt. Fünf Musiker agieren auf der Bühne, tonangebend ist die Sängerin Djata Melissa Ilebou, sie bewegt sich in der Tradition afrikanischer Geschichtenerzähler und verkörpert zudem eine Form des ästhetischen Widerstands.
Der hölzerne Bühnenboden ist mit weißen und roten Farbflecken versehen. An der linken Seite sitzen vier Musiker, am rechten Rand der hinteren Bühnenwand ragt eine stabile Holzwand in die Höhe. Hinter dieser kommt eine Frau in blutrotem Kleid hervor und fängt leise aber ausdrucksstark an zu singen. Zwei Männer mit bloßem Oberkörper stehen sich im hinteren Teil der Bühne gegenüber. Mit wie zu Flitzebogen gespannten Körpern fixieren sie sich. Aufmerksam studieren sie jede Bewegung des Anderen, vollziehen sie mit, drücken sie sanft aber bestimmt in eine neue Richtung. Gespannte Drohung liegt in der Luft. Jederzeit kann die Aufmerksamkeit in Aggression umspringen. Berühren sie sich auch kaum, halten sie sich dennoch mit ihren Augen und mit ihrer sichtbaren Ausstrahlung an Muskelstärke in Schach. Eine Tänzerin gesellt sich zu den beiden Männern. Allein mit wenigen Hand- und Kopfsignale befiehlt sie die Männer auf den Boden. Zusammen mit den aggressiver gewordenen Tönen der Sängerin schubsen sie die beiden nun im Raum herum. Nachdem die ganze Campagnie aus sieben Tänzern auf der Bühne ist, werden die vereinzelten devoten Übungen in Bodennähe zu einem an Militärübungen gemahnenden, schweißtreibenden, exzessiven Gruppendrill.
Dieses sorgsame Ausloten von Beziehungsstrukturen, die von aufmerksamer Nähe über vorsichtige Manipulation in Gewaltausübung umkippen können, zeichnet die Choreographie Poussières de Sang
(Blutstaub) der Compagnie Salia nï Seydou aus Burkina Faso aus. Sie beruht auf den Erfahrungen, die die Leiter der Truppe Salia Sanou und Seydou Boro zur Eröffnung ihrer Tanzschule in Ouagadougou gemacht haben. Die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Aufständischen und Polizei überschatteten ihre Gründungsphase.
Man merkt der Compagnie ihre jahrelange Erfahrung im europäischen Terrain an. Sie verschmelzen auf der Bühne westliche Tanzstile gekonnt mit afrikanischen Elementen und kreieren so eine berührende, ausgefeilte Körpersprache.
Birgit Schmalmack vom 17.8.09
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