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Oddos See, Ohnsorg

Oddos See, Thalia

Foto: Oliver Fantitsch

Keine Götter mehr?


Die Götter hat er einfach mal abgeschafft. Wozu sollte er auch an sie glauben? Sie haben ihn einfach in letzter Zeit zu oft im Stich gelassen. Und seinen Namen hat er kurzerhand zum norddeutschen Oddo (Jannik Nowak) verkürzt. So ist aus dem griechischen Held ein plattdeutsch snackender Mann, der sich gut in nordischen Gefilden und Gebräuchen auskennt, geworden. Auch die griechischen Chöre fand er so altbacken, dass er seine Mannschaft lieber Shantys singen lässt.
Auf diese Weise wird im Ohnsorg Theater aus der Odyssee ein plattdeutsches Musical, zu dem Jan Paul Werge die Musik geschrieben hat. In dem die Götter allerdings doch nicht fehlen dürfen. Sie melden sich immer wieder als übergroße Projektionen zu Wort, die verwundert, beleidigt und verärgert auf diese Menschen herabblicken. Die sie so überhaupt nicht mehr verstehen. Und das liegt nicht nur an ihrem komischen Dialekt. Warum haben wir sie nur nach unserem Bilde geschaffen, fragen sie sich, während sie versuchen sich auf ihr Tun ihren Reim zu machen. Dann diskutieren Athene, Zeus, Poseidon und Apollon, wie sie sie doch auf ihre Spur bringen können. Immer wieder muss Poseidon sein Zepter schwingen und Stürme entfachen, die das winzige Boot, auf dem sich Ottos Restmannschaft durchschüttelt und wieder auf eine neue Insel spült, auf der sie Abenteuer zu bestehen haben. Ob sie nun dem einäugigen Zyklopen, der einsamen und liebeshungrigen Kirke und den Erinnyen begegnen oder gleich in den Hades hinabsteigen, um endlich wieder nach Hause zu kommen - immer werden auf die Rückwand die jeweiligen Umgebungen eingeblendet und mit viel Lichteffekten und fantasievollen Kostümen die Bewährungsproben des Odysseus nachgespielt.
Genderswitches dürfen auch hier nicht fehlen. Hermes wird von seinem Göttervater als Frau auf die Erde geschickt, damit er Oddo als Übersetzer zur Verfügung stehen soll. Eigentlich zur Strafe, weil er ansonsten bei seinen Erdenbesuchen zu viele Nachkommen zeugte. Doch nun verliebt sich Oddo in die schöne Hermes und das schafft neue Verwirrung. Die wird auch nicht geringer, als Zeus unvermittelt aus seinem Sohn wieder einen Mann macht, der nun von Cem Yeginer gespielt wird. Dazu musste das Kostüm von Rabea Lübbe nur mal eben um das Vierfache in die Breite gehen. Wie schön wäre es doch, heißt es später im Stück, wenn all diese Fragen endlich einmal keine Rolle mehr spielen würden.
Das geschieht alles mit viel Unterhaltungswert und wird von Regisseur Murat Yeginer mit wenig Ehrfurcht vor dem klassischen Text inszeniert. Das Ensemble schlüpft mit großer Lust an der Verkleidung in alle Rollen und nimmt sich immer wieder mit Kommentaren selbst auf die Schippe. Selten hat man die Odyssee als eine mit so viel Leichtigkeit und Spielfreude inszenierte Komödie gesehen, an der auch Kinder viel Spaß haben könnten.

Birgit Schmalmack vom 11.3.25

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