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Eden Cinema, DSH

Eden Cinema, DSH

Foto: Maris Eufinger

Abgesang


Im Malersaal hängen lauter ausgestorbene Tiere von der Decke. In gewisser Hinsicht gehören die drei Personen auf der Bühne auch zu einer ausgestorbenen Gattung. Sie sind ins kolonialisierte Ausland gegangen, um dort die Menschen, Rohstoffe und Böden auszubeuten. Doch nun liegen sie wie Museumsstücke in den düsteren schwarz- weißen Bühnenbild von Julia Oschatz. Ihr Wunsch nach Geldvermehrung auf Kosten anderer hat sich nicht gelohnt. Sie hatten kein Glück, wie es der Sohn immer wieder betont. Die Natur schien sich gegen sie verschworen zu haben. Das Meer überflutete die Äcker, das Salz verkrustete die Böden, die Krabben durchknabberten die Dämme, die Ernte verdorrte. Nun sind sie so arm wie die Bevölkerung um sie herum. Dennoch sind sie gekleidet wie Vertreter der High Society. Mit Schmuck behängt, in festlicher Garderobe gewandet. Doch das Dach ihrer Holzhütte ist morsch, es regnet durch, ihr Auto wird nur noch von Draht zusammengehalten und sie sind jeder Bewegungsfreiheit beraubt. Die beiden Kinder, der Sohn (Mehmet Atesci) und die Tochter (Alberta von Poelnitz), bleiben dennoch bei der stetig jammernden Mutter (Josef Ostendorf). Sie fühlen sich verpflichtet ihr beizustehen, wohl wissend, dass sie nicht mehr lange leben wird.

Doch nun scheint sich eine neue Geldeinnahmequelle zu ergeben. Ein reicher Jüngling (Rosa Lembeck) fährt zufällig mit seinem großen Automobil an ihrem Grundstück vorbei. Sollte er die schöne Tochter heiraten, wären vielleicht alle finanziellen Sorgen passe. Der junge Mann ist nicht abgeneigt. Doch die Tochter macht ihm gegenüber sehr deutlich, zu deutlich, dass sie nur am Geld interessiert ist. Er ist zwar vor Liebe entzückt, aber will nicht nur wegen seines Geldes geheiratet werden. Doch die Tochter macht ihm nichts vor. Als er ihr einen Ring schenkt, sieht die Mutter die Möglichkeit, ohne Heirat sofort an Geld zu kommen. So ziehen Mutter, Tochter und Sohn in die Stadt und versuchen ihn zu Geld zu machen.
Plötzlich unter anderen Menschen erkennen die Kinder, dass es für sie eventuelle auch andere Möglichkeiten gibt, als bis zum bitteren Ende bei der Mutter auszuharren. Sie sind noch jung und ihr Leben ist noch nicht zu Ende. Sie können sich aufmachen in etwas Neues. Wie sagte der Sohn zu Beginn doch: Das Gute an einer Idee ist, dass man ins Handeln kommt, auch wenn sich die Idee hinterher als schlecht herausstellen sollte.

Die vier Schauspieler:innen schaffen es unter der Regie von Moritz Rux , die Dringlichkeit, die aus der Verzweiflung erwächst, hautnah zu vermitteln. Das Publikum wohnt einem Schauspiel bei, das so hoffnungslos rückwärtsgewandt ist, dass es einen erschauert. Selbst die Ideen, die sie entwickeln, bewegen sich nie aus den gewohnten Denkmustern heraus, sie beziehen sich stets nur auf das Gewohnte, das Bekannte, obwohl es bisher stets gescheitert ist. Das wirkt über die Maße deprimierend. Das Stück ist so düster wie das Bühnenbild. Dass man es dennoch nicht einfach abtun kann, liegt an dem eindringlichen und berührenden Spiel der Darsteller:innen. Alle kämpfen mit aller Kraft für ihr Lebensglück und man weiß dennoch von Beginn an - völlig vergeblich.

Birgit Schmalmack vom 6.4.25

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