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Ubu, Thalia So wird das scheinbar im privaten Kämmerlein zelebrierte doch noch politisch. Man sollte auf der Hut sein. Das macht Simons auf groteske, drastische Weise klar. Mit Jens Harzer als Mutter Ubu und Marina Galic als ihr Gatte hat er zwei grandiose Schauspieler für diese Kabinettstückchen gefunden, denen man die Fäkalienspiele fast verzeiht, weil ihr Schauspielerhandwerk sie vor dem totalen Abrutschen ins Groteske bewahrt. Dennoch ist das ein Abend, der einiges an inhaltlicher und ästhetischer Flexibilität erfordert. Viele Rätsel werden auch am Ende des Abends ungelöst bleiben. Wer eine Eins-zu-Eins-Übertragung der absurden Wirklichkeit auf die Theaterbühne erwartet hatte, die sich zurzeit allzu leicht angeboten hätte, wird von diesem Abend enttäuscht werden. Einfache Botschaften gibt es nicht. Aber eine eventuell doch: Machen wir es den Machtgierigen nicht zu einfach, indem wir uns einlullen lassen von dem Glauben, dass schon alles nicht so schlimm werden wird. Mit Jarry kann man nur feststellen: Es wird noch viel schlimmer werden. (Foto:Foto: Armin Smailovic)

Ajax und der Schwan der Scham, Thalia Rüping hat aus der antiken Geschichte um Ruhm und Ehre, in der eine Rüstung (wie heutzutage der Oscar) zu einem Symbol der Anerkennung wird, ein überaus lockeres, wie improvisiert wirkendes Spiel werden lassen, das sehr unterhaltsam den Sprung vom Gestern ins Heute schafft. Mit seinem Ensemble blödelt er sich gekonnt durch die Assoziationen zu diesem Text von Sophokles. Das ist mal mehr und mal weniger stringent, aber immer kurzweilig. Er holt den Stoff aus der Abstraktions- in die Spielebene.

Die Wanze, Thalia So nutzt Meng Jinghui den Text von Majakowski von 1927 geschickt als Folie für alles, was man durch ihn betrachten möchte. Die einen können in ihm eine Kritik an der bürgerlichen kapitalistischen Gesellschaft, an der Bürokratie, die anderen an der Technikverliebheit und an der Manipulierbarkeit der heutigen Welt sehen, ganz entsprechend der eigenen Haltungen. So enttäuschte das Gastspiel des chinesischen Theaters bei den Lessingtagen zwar nicht aufgrund mangelnder möglicher politischer Aussagen, aber dieses Feuerwerk an Effekten und Energieüberschuss forderte über die pausenlose Dauer von fast zweieinhalb Stunden volle Aufmerksamkeit, Flexibilität und Anstrengungsbereitschaft. Man bekam in jeder Hinsicht eher zuviel als zuwenig geboten.

How Goes The World, Thalia Die Bühne ein Sammelsurium an Kulissenwänden und Versatzstücken aus dem Möbelfundus. Inklusive zwei Türen, einem alten Telefon auf einem Tisch und einem Klavier am Rande. Vier Menschen kommen nach und nach gelangweilt herein. Doch schon bald werden sie von den Geräuschen auf Trab gehalten. Immer wieder klingelt das Telefon, klopft es an der einen Tür oder bimmelt die andere Türglocke. Nie ist jemand dran oder kommt herein, dennoch lassen sie sich von den Geräuschen durch die Gegend jagen. Zusätzlich will auch noch das Klavier bedient werden, denn beständig tröpfelt die Musik aus den Tasten herein und ruft die Spieler:innen zur Pflicht. Bald mischen sich andere Geräusche darunter. Pistolen werden gezogen und sich gegenseitig damit niedergestreckt. Doch alles nur Schein. Alle stehen schnell wieder auf und das Spiel geht in Endlosschleife von vorne los.

Niemandes Schwester, Thalia Das Auftragsstück, das Heinz Bude, Natan Sznaider und Karin Wieland zusammen für die Körberstiftung geschrieben haben, wurde von Joachim Lux für die Lessingtage zu einer szenischen Lesung eingerichtet. Selbst in dieser reduzierten Form wurde die Herausforderung dieser Preisverleihung, die die drei Autor:innen neben den gut recherchierten Fakten um ein paar fiktionale Figuren zugespitzt hatten, und ihr philosophischer Tiefgang deutlich. Im anschließenden Gespräch, das von Lux moderiert und von Kultursenator Carsten Brosda begleitet wurde, komplettierte sich der Eindruck, dass es sich hier um ein spannendes Stück Hamburger Geschichte handelt, das immer noch der näheren Betrachtung wert ist.

Jungle Book, reimagined, Thalia Der Choreograph Akram Khan verwandelt die weltbekannte Geschichte von Rudyard Kipling in ein Comic-Tanzstück. Er versucht mit seinem Ensemble eine Tanzsprache zu finden, die die Bewegungsmuster von Tieren mit denen der Menschen verbindet. Indem die Annäherung von Mowgli mit ihren tierischen Gefährten gelingt, werden ihre Tanzstile auch immer ähnlicher. Zusammen mit dem in jeder Hinsicht ausgefeilten Soundtrack, der die Stimmen der Tiere, die Dialoge mit Mowgli mit den Naturgeräuschen und der Musik verbindet, den Videoprojektionen der Umgebung und den gezeichneten Comicfiguren, die auf zwei transparente Leinwände geworfen werden, ergibt sich ein berührendes, aufwühlendes Gesamtkunstwerk, das das Publikum so beeindruckte, dass es zum Schluss in minutenlangen Standing Ovations applaudierte.

Blind runner, Thalia Der Regisseur dieser vielschichtigen Theaterabends Amir Reza Koohestani verknüpft beziehungsreich viele verschiedene Ebenen. Er verhandelt dabei minimalistisch und dennoch intensiv die Unmöglichkeit eines Paares miteinander wahrhaft zu kommunizieren. Wenn sie an Punkte kommen, an denen Wahrheit gefragt ist, weichen sie aus: ins Schweigen, ins Anklagen, in Vorwürfe, in Beschönigungen. So ist dieses Versteckspiel zwischen Mann und Frau ist sicher auch ein Sinnbild für das Versteckspiel, das im Iran zum Alltag gehört.

Underground Girls, Thalia Die Tonspur am Schluss zeugt davon, dass eh jedes Entkommen-Wollen hoffnungslos ist. Im Dunkeln hört man, wie ein Mann seine Frau schlägt, so lange, bis sie endlich keinen Mucks mehr gibt. Schon zuvor waren die erschreckenden Zahlen der Femizide in diesem fernen Land über die Bildschirme gelaufen. Standing Ovations gab es am Schluss für diese Inszenierung. Doch die vermeintliche Beruhigung, dass dies alles in "einem fernen Land" passiere, sollte nicht der letzte Gedanke sein. Mögen die Zahlen in Deutschland auch geringer sein, so spielt Gewalt gegen Frauen auch hier eine immer noch eine viel zu große Rolle.

Underground Girls, Thalia Die Tonspur am Schluss zeugt davon, dass eh jedes Entkommen-Wollen hoffnungslos ist. Im Dunkeln hört man, wie ein Mann seine Frau schlägt, so lange, bis sie endlich keinen Mucks mehr gibt. Schon zuvor waren die erschreckenden Zahlen der Femizide in diesem fernen Land über die Bildschirme gelaufen. Standing Ovations gab es am Schluss für diese Inszenierung. Doch die vermeintliche Beruhigung, dass dies alles in "einem fernen Land" passiere, sollte nicht der letzte Gedanke sein. Mögen die Zahlen in Deutschland auch geringer sein, so spielt Gewalt gegen Frauen auch hier eine immer noch eine viel zu große Rolle.

Akins Traum, Thalia Stefan Bachmann inszeniert dies alles als traumhaften Bilderbogen, der genau an der Nahtstelle zwischen märchenhafter Übertreibung, traumhafter Fantasie und Aufprall auf die Realität spielt. Dass dieser Balanceakt in dem Gastspiel der Wiener Burg im Rahmen der Lessingtage funktioniert, liegt auch an der grandioser Leistung der wandlungsfähigen Schauspieler:innen, allen voran Atesçi, der mit seiner wohltuenden Selbstironie seinen eigenen Traum immer wieder auf den Boden der Tatsachen in Gelsenkirchen zurückholt.

Die Trauer des Dämons, Thalia Etwas zu halten, anderes loszulassen, das ist ein Prozess im Laufe jedes Lebens, aber um wie viel mehr, wenn man gezwungen ist, sein Heimatland zu verlassen. Wie tanzt man diesen Schmerz? Der Choreograf Ivan Estegneev sucht in seiner Solo-Performance nach einem angemessenen Ausdruck für seine zahlreichen Verluste. Den seiner Heimat, den seinen Vaters, den seiner Jugend.

Eurotrash, Thalia Die höchst intime Reise der beiden wird in Stefan Puchers Bühnenadaption des Romans von Christian Kracht zu einem Schauspielerfest für Barbara Nüsse und Jirka Zett. Sie ergeben zusammen ein skurriles Pärchen, das sich wenig schuldig bleibt. Der Abend wird zu einem intimen und intensiven Zwiegespräch über Familie, Schweigen, Traumata, mangelnde Verantwortung und Kontinuität der Macht. Ob die Mutter diese trotz oder wegen der Nazivergangenheit ihres Vaters bewahren konnte, ist am Ende keine Frage mehr, sondern letzteres zu einer Gewissheit geworden.

Alles was wir nicht erinnern, Thalia Wenn Hoffmann zum Schluss nachdenklich über die Traumata spricht, die nicht nur ihre Vorfahren verarbeiten mussten, sondern auch die nachfolgenden Generationen vererbt bekommen haben, wird der Abend plötzlich sehr persönlich und berührend. Sie denkt darüber laut nach, wie lange diese Schrecken noch nachwirken können, um neue Kriege zu verhindern. Damit wird das Stück aktuell, ohne sich um eine Aktualität bemühen zu müssen. Es stellt Fragen, die kaum drängender sein könnten. Wenn Europa auch bisher dachte, vor den Unbillen des Krieges nach den verheerenden Tragödien des Zweiten Weltkrieges gefeiht zu sein, scheint diese Zeit nun vorbei zu sein. So dauern die anschließenden Gespräche im Foyer fast länger als das Stück im Bühnenraum. Foto: Armin Smailovic

Schrecklich amüsant, aber in Zukunft ohne mich, Th Bernd Grawert ist dieser Passagier auf der Nadir, dem weißen Schiff, das so wirkt, als sei es gerade aus der Kochwäsche gezogen worden. Er nutzt den Ballsaal des Thalia in der Gaußstraße voll aus, um von seinen Tagen unter den Celebreties zu erzählen. Er jagt die Showtreppe hinauf, um oben von Deck auf das Wasser zu schauen. Er setzt sich zwischen die Zuschauer:innen, um mit ihnen in Kontakt zu treten. Er nimmt Platz an der Bar, um von einem Gottesdienstbesuch zu erzählen, der auch auf der Nadir in der Bar stattfand. Er setzt sich ans Klavier, um von der Befriedigung („Satisfaction“) zu singen. Er tanzt auf der Bühne, um das abendliche Showprogramm zu illustrieren. Er gibt dem kritischen und erschreckend ehrlichen Kreuzfahrtfahrer in David Foster Wallace Essay Stimme, Gesicht und Körper. Es bringt ihm sichtlich Spaß alle Facetten dieses Mannes und von weiteren Prototypen unter den Passagieren darzustellen, denn er ist ein Komödiant, der das Abgründige zu schätzen weiß.

Blue Skies, Thalia Bosse wollte wohl keine allzu deprimierende Arbeit an den Anfang der neuen Spielzeit stellen. Es ist ihm gelungen. Wenn das überlange Stück auf dem Spielplan steht, ist das Theater ausverkauft und das Publikum am Schluss über den sehr unterhaltsamen Abend begeistert, der nie mit moralisierenden Aufrufen zu Veränderungen nervte. Und das ist bei diesem Thema auch eine Leistung. Vielleicht könnte er sogar durch die menschliche Absurdität, die uns auf der Bühne vorgeführt wird, mehr bewirken als all die gutmenschelnden Ermahnungen, die sonst zu hören und zu sehen sind und doch bisher völlig wirkungslos geblieben sind. Sind wir wirklich so hohl, kopflos und ferngesteuert wie diese Wesen auf der Bühne? Sollten dies Vertreter der homo sapiens sein?

Der Apfelgarten, Thalia Der Stoff kommt einem bekannt vor. Tschechows Kirschgarten lässt grüßen. Die Bestsellerautorin Dörte Hansen hat ihn eben mal von Russland von vor hundert Jahren in die Jetztzeit ins Alte Land verlegt. Regisseur Antu Romero Nunes bürstet die Personen ziemlich gegen den Strich und lässt sie so weit am Abgrund tänzeln, dass man nicht denken muss, man säße ein paar Häuser weiter im Ohnsorg Theater, wo gerade Hansens "Alte Land" läuft. Bei ihm treffen jetzt nicht nur Arm und Reich, nicht nur Provinzler auf Städter, nicht nur Arbeiter auf Bourgoise sondern auch Vergnügungssüchtige auf Bodenständige und Verdränger auf Erleidende. (Foto: Krafft Angerer)

Das Ende von Iflingen, Thalia Wilfried Mues hat dieses Stück mit seinen drei himmlischen Clowns, die stets über ihre eigenen Füße stolpern herrlich amüsant umgesetzt. Denn sie sind traurige Komödianten, die genau zu ahnen scheinen, wozu sie hier angestiftet werden sollen und sich diesem Tun auf ihre tollpatschige Art widersetzen. Ein kleines Kabinettstückchen der besonders witzigen hintergründigen Art auf der Werkstattbühne des Thalia in der Gaußstraße. Mit den drei Darstellern hat der Regisseur die Idealbesetzung gefunden, von denen alle drei in ihren Persönlichkeiten überzeugten. Der eine als übereifriger Vollstrecker (Julian Greis), der andere als querschießender Zauderer (Steffen Siegmund) und der dritte als braver Vermittler (Oliver Mallison), der bei niemanden anecken möchte.

Faust, Gretchen, Fraktur, Thalia Dem Autor, der das Stück auch inszeniert hat, ist es gelungen, das Drama so intensiv, berührend, spielerisch, komisch und dennoch ernstnehmend neu zu erdichten, dass es durch sein vermeintliches Zerfließen doch wundersamer Weise extrem verdichtet wird. Selten wurde wohl gleichzeitig versucht, die Aspekte von damals mit denen von heute zu verbinden, ohne eine der Zeit-Ebenen als weniger bedeutend zu erklären. (Foto: Lea Pech)

Ein von Schatten begrenzter Raum, Thalia Auf diese Weise schafft die Regie, den Inhalt des umfangreichen Romans in nur gut eineinhalb Stunden als Gastspiel des Schauspiel Kölns in Szene zu setzen. Das ist mit Geschick für Timing, für Stimmungen und für Abwechslung umgesetzt. Doch manchmal fällt es schwer, mit diesem Tempo Schritt zu halten. Die stillen Momente drohen dabei fast unterzugehen, dabei hätte diese spannende Frau ein Innehalten, ein Raumgeben und eine Differenzierung verdient. Denn sie ist gerade keine, die nur auf die Umstände reagiert sondern ganz im Gegenteil agiert und gestaltet. (Foto: David Baltzer)

Als wäre es gestern gewesen, Thalia Genau durch diese ganz dezente und doch passgenaue Konzeption dieses Abends, der so klein und unaufgeregt als Feier des Lebens und der Liebe daherkommt, liegt seine Kraft, die die Zuschauer:innen auch beim Hamburger Gastspiel im Rahmen des Nachbarschaft-Festivals in der Gaußstraße zum Schluss von den Stühlen riss und dem Ensemble mit Standing Ovations für den warmherzigen und bewegenden Abend dankte.

Fifty and one Shades of Meryem, Thalia Man könne sich mit Meryem nicht streiten, so behaupten Freunde per Einspielung aus dem Kassettenrekorder, und zwar aus dem Grund, weil sie ständig das Thema wechsele. Auch dieser Abend unter der zurückhaltenden, einfühlsamen Regie von Camilla Ferraz springt von einem Thema zum nächsten und beschränkt sich selbst nicht durch Forderung nach einengender Stringenz. So bringt dieses Kaleidoskop die Persönlichkeit einer jungen Schauspielerin zum Funkeln, ohne dass es sich anmaßt eine klare Botschaft zu vermitteln. Vielmehr lässt es die vielschichtige Collage des Lebens einer jungen Frau mit all ihren Ungereimtheiten entstehen. Hier wird mal keine Zerrissenheit zwischen den Kulturen abgebildet, sondern einfach völlig unaufgeregt eine junge Künstlerin gezeigt, die voller Neugier und Spiellust durch ihr Leben geht und keine Angst vor dem Scheitern und vor dem Unbekannten hat. Schön wenn man ihr dabei auf der intimen Bühne des Ballsaales im Thalia in der Gaußstraße zuschauen darf. (Foto: Fabian Hammerl)

Yol oder ein Zebrastreifen geht Sonne suchen, Thal Eine melancholische Atmosphäre durchzieht diesen Abend, aber durchdrungen von dem ständigen Versuch, sich gegen alle Widerstände zu verknüpfen. Auch wenn Nina zum Schluss alleine in den Schatten der Gaußhöfe verschwindet, ist man sich insgeheim sicher, dass die Drei auch danach noch den Kontakt zueinander suchen werden. Ihre Sehnsucht nach Verbindung und Unterstützung wird nicht aufhören. Eine kleine Botschaft der Hoffnung in Zeiten der Zersplitterung und Fragmentierung im heutigen Deutschland.(Foto: Fabian Hammerl)

Der zerbrochene Krug, Theaterfestival So geht es in dieser Inszenierung nicht nur um Machtmissbrauch in einem Dorf sondern auch um Ausbeutung im globalen Rahmen. Doch diese Hinweise kann man auch getrost übersehen, wenn man sich an dem handwerklich sauber gearbeiteten Abend, der als Gastspiel vom Deutschen Theater aus Berlin nach Hamburg kam, erfreut. Keiner, der einen von den Stühlen haut, aber einer, der vieles richtig macht.

Romantische Erkundungen, Thalia Auf der scheinbaren Chaosbühne arrangiert Regisseur Till Dogan Ertener mit leichter Hand zwischen Dialeinwänden, Klavier und Plastikfolien die verlorenen Seelen dieses Stückes. Toll wenn sein Ensemble die so eindrücklich spielen kann wie Sophia Burtscher, die ihrer Katharina so viele Ebenen zu geben vermochte, dass man ihre Abgründe in jedem Moment spürte, auch wenn sie sie nicht in Worte fasste. Ebenso brillierte sie als verruchte, verrauchte und großspurige Frau des Nachbarhauses. Ertener erschuf so innerhalb von einer kurzen Stunde einen Stimmungsraum, der Lust auf mehr machte.

Macbeth, Theaterfestival So konnte man sich ungestört von derartigen Gefühlen, die Nachdenklichkeit hervorrufen würden, ganz dem Genuss des Schauspielfestes auf der Bühne mit seiner enormen Verwandlungskunst in Sekundenschnelle hingeben. Dementsprechend war dann auch das Publikum beim Hamburger Gastspiel völlig begeistert und feierte die Leistung der Darsteller:innen mit Standing Ovations. Dennoch hatte Johan Simons sehr wohl eine Botschaft bei seiner Inszenierung am Schauspielhaus Bochum im Sinn. Sie blieb aber im wahrsten Sinne ganz im Hintergrund. Auf die Rückwand wurden Bilder aus einer ergrünenden, krabbelnden, scheinbar idyllischen Natur projiziert. Also: Selbst wenn der Mensch sich als Depp erweist und sich selbst in seinem Überlegenheitswahn auslöschen wird, wird die Natur überleben und ohne diese egomanische Mitbewohner zu neuer Schönheit aufblühen.

Körber Junge Regie 2024 "Penelope" war das diesjährige Siegerstück des Körber Jungen Regie Festivals. Giulia Giammona vom Mozarteum aus Salzburg hat das Drama von Leonora Carrington klug konzipiert und hochkünstlerisch und bildmächtig in Szene gesetzt. Erstaunlich ausgereift für eine Jungregisseurin.

State of Affairs, Thalia Sie tut zwar so, als wenn sie deutliche Botschaften hätte, aber konterkariert sie dann durch ihr Tun auf der Bühne, das genau so selbstverliebt, egoistisch und kleinkariert wie das aller anderen ist, die sie angeblich mit wohlfeilen Appellen beeinflussen wollte. Doch: Kein Gandhi in Sicht. Das ist eigentlich die desillusionierende Botschaft dieses Stückes, auch wenn es mit seiner Eingangs- und Schlussszene kurz mal so tat, als könnte es anders sein.(Foto: Krafft Angerer)

Ljodahått, Nachtasyl So ist der Abend bis in jede Bewegung, in jede Mimik, in jedes Wort, in jeden Ton Teil einer Inszenierung. Dieser verwegene und sympathische Haufen ist ein Ereignis, ihr Auftreten eine große Show im Kleinen. Schade dass im Nachtasyl noch Plätze frei blieben. Deswegen: Wann immer sich noch einmal die Gelegenheit bieten sollte, Ljodahått zu erleben, auf jeden Fall hingehen. Dieses Erlebnis sollte man sich nicht entgehen lassen.

Das Leben ein Traum, Thalia In seiner Inszenierung dieses andeutungsreichen und vielschichtigen Stück hat Johan Simon weniger Traumgestalten als vielmehr traurige Clowns auf die Thaliabühne gestellt. Sie stolpern beherzt und unbeholfen über die vom Leben gestellten Aufgaben, ohne zu ahnen, was der große Plan dahinter sein könnte. Sie stehen auf der schwarzen Bühne mit großen Spiegelwand und sehen immer nur sich selbst. Zusammen gehalten wird die Inszenierung von Jens Harzer, der als einziger genau zu wissen scheint, dass er nichts weiß und damit nur von Minute zu Minute einen Schritt vor den nächsten setzen kann. Während alle anderen so tun müssen, als hätten sie Ziele und eine Strategie sie zu erreichen. (Foto: Armin Smailovic)

Noch wach?, Thalia So ist die Inszenierung von Christoph Rüping zwar desillusionierend, dass sich nach Me Too irgendetwas verändert haben könnte, aber wahrscheinlich umso realistischer. Seine Distanzierung zum Hauptdarsteller besteht hauptsächlich darin, dass er ihn auf vier Schauspieler:innen verteilt. Doch anstatt den Finger in die Wunden zu legen, hangelt er sich mit seinem hervorragendem Cast (Nils Kahnwald, Maike Knirsch, Hans Löw, Julia Riedler, Cathérine Seifert, Oda Thormeyer) durch die Misere, getreu dem Motto der Branche, in der alles spielt: Unterhaltung ist alles. Und wenn der Content zu sehr herumdümpelt, dann eben schnell ein wenig Musik. Dazu dröhnen dann die Beats und Inez tritt mit überwältigendem Songs über Love und Time auf. So auch zum Schluss: Da regnet es von Inez noch mal Rote Rosen, doch der Song der früheren Feministinnen hat auch schon lange seinen Popularitätshöhepunkt überschritten und zeigt nur: Es hat sich immer noch zu wenig verändert.(Foto: Krafft Angerer)

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